9. bis 14. März 2019
Tag 75: Samstag, 9. März 2019
Nach elf Nächten auf dem gleichen Platz war es für uns höchste Zeit, mal wieder den Bus auf längerer Strecke zu bewegen. Und eigentlich war bei der Abfahrt an Weihnachten der Plan, zu diesem Zeitpunkt den Heimweg anzutreten.
Aber: wir hatten uns etwas überlegt, die Tour noch zu verlängern: Für April geisterte schon länger die Idee in unseren Köpfen, unsere beiden Geburtstage in unserem Herzensland Türkei zu verbringen. Bei einem Blick auf die Landkarte machte es wenig Sinn von Süditalien erst nach Deutschland zu hetzen, dann dort gerade mal maximal zwei Wochen zu bleiben, um dann wieder in Richtung Türkei aufzubrechen.
Aus geschäftlichen und familiären Gründen musste zumindest Selena im März zurück nach Deutschland. Wir beschlossen deshalb, sie in den Flieger nach Deutschland zu setzen. Währenddessen würde ich den Bus weiter in Richtung östliches Anatolien bringen, um sie dann wieder in dieser Richtung an einem Flughafen abzuholen. Deswegen buchten wir Tickets von Istanbul nach Frankfurt und zurück von Frankfurt nach Antalya. Also hatten wir jetzt noch ein paar Tage Zeit, um von Sizilien nach Istanbul zu fahren.
Am Samstagmorgen machten wir uns schon recht früh auf den Weg. Unterwegs konnten wir natürlich mal wieder nicht widerstehen, noch ein paar leckere italienische Lebensmittel mitzunehmen (Selena schimpfte mich schon, aber die Mortadella war sooooo lecker).
Auf ruppigen Straßen mit extrem riskanten Fahrmanövern der Einheimischen fuhren wir mit einem Frühstücksstopp an der Ostküste von Sizilien nach Messina, dem Fährhafen aufs Festland.
Für die kurze, gerade mal 20-minütige Überfahrt nach Villa San Giovanni mussten wir happige 56 Euro löhnen. Aber zumindest hatten wir keine langen Wartezeiten und waren schnell an Bord der Fähre.
Auf dem Festland in Villa San Giovanni angekommen machten wir uns direkt auf die Weiterfahrt nach Brindisi, von wo wir per Internet die Fähre nach Griechenland gebucht hatten (ca. 160 Euro).
Wir kamen bis Grottaglie, wo wir auf einem “bewachten” Parkplatz, der unverständlicherweise in Campercontact als Stellplatz eingetragen war, den Bus abstellten. Ein “Parkwächter” kassierte unsere freiwillige Spende und wir kochten im Bus, da wir noch so viel frische Lebensmittel hatten.
Zur Verdauung unternahmen wir danach einen Spaziergang in den engen Gassen von Grottaglie – eine sehr interessante Stadt, die uns ein bisschen an Palermo erinnerte.
Bei der Rückkehr zum Parkplatz war der nächste “Parkwächter” da und wollte schon wieder Geld. Wir wurden deswegen nicht arm und taten sicher was Gutes für die lokale Wirtschaft. Für den Bus und uns erkauften wir uns dadurch wohl Sicherheit.
Tag 76: Sonntag, 10. März 2019
Selena machte sich in der Früh auf die Suche nach einem Bäcker, fand aber “nur” eine Art Konditorei und kam mit sehr leckeren süßen Teilchen zurück.
Schnell ging es weiter in den Hafen von Brindisi, wo fast nur LKWs auf die Fähre warteten. Wir checkten im Hafengebäude ein und wurden in die Warteschlange eingewiesen.
Als eins der letzten Autos durften wir kurz vor Abfahrtszeit um 13 Uhr an Bord fahren. Dort hieß es erstmal wenden und dann parkte der Bus auf der Rampe (Vorteil: so würden wir als eins der ersten Fahrzeuge bei Ankunft von Bord kommen).
Die Fähre war schon etwas in die Jahre gekommen. Viele Rumänen und Bulgaren hatten sich schon nach Geschlechtern getrennt ihre Picknick- und Trinkgelageplätze ausgesucht. Auch einige türkische LKW-Fahrer waren an Bord, die uns gleich ansprachen. Die Vorfreude auf die Türkei wuchs.
Selena nutzte die gut achtstündige Überfahrt und arbeitete für unsere Projekte an den CAD-Plänen. Ich vertrieb mir die Zeit mit Lesen. Zwischendurch hatten wir Blick auf die albanischen Berge.
Pünktlich legten wir in Igoumenitsa an. Im Hafen suchten wir uns direkt einen Imbiss, um Gyros Pita zu essen.
Danach tankten wir und dann ging es noch ein ganzes Stück auf der Autobahn in Richtung Osten, bevor wir in Grevena von der Autobahn abfuhren und für die Nacht an einer Kirche parkten.
Tag 77: Montag, 11. März 2019
Nach ein paar Stunden Schlaf weckte uns der Wecker und es ging weiter.
Die Supermärkte hatten geschlossen. Wir fanden heraus, dass im orthodoxen Griechenland Rosenmontag war – der Fasching liegt eine Woche später als in Deutschland. Deswegen waren auch die Autobahnen ziemlich leer.
Hin und wieder mussten wir an den Mautstellen einen überschaubaren Geldbetrag zahlen, oft waren die Mautstellen aber wegen Bauarbeiten nicht besetzt.
Auf der Höhe von Thessaloniki hielten wir an einem Parkplatz und kochten Pasta mit Fenchel und Raddicchio. Außerdem hielten wir an einer Ver- und Entsorgungsstelle und füllten dort unseren Frischwassertank wieder auf.
Am frühen Nachmittag kamen wir an den Grenzübergang Ipsala. In den vorangegangenen Tagen hatte es in der deutschen Presse mal wieder eine gewisse Panikmache vor Einreisen in die Türkei gegeben. Wir ließen uns davon nicht anstecken, hatten wir ja nichts zu befürchten: wir hegten weder für die Gülen-Bewegung noch für kurdische Terroristen irgendwelche Sympathien, noch taten wir dies in den sozialen Medien kund.
Die Wartezeit war recht kurz und schon wurden wir mit einem netten “hoşgeldiniz” der Beamten willkommen geheißen.
Nach der Grenze füllten wir dann erst mal unsere fast leeren Diesel- und Gastanks.
Da bereits auf Sizilien Probleme mit dem Schalter des Bremspedals angefangen hatten, fuhren wir in der ersten größeren Ortschaft nach der Grenze, Kesan, ins dortige Viertel der Autowerkstätten. Ich erklärte dem “Otoelektrik” Ismet, dass wohl dieser Schalter am Pedal kaputt war und deswegen die Bremslichter durchgehend brannten sowie ESC und Hill Holder ausgefallen waren. Er baute den Schalter und düste mit dem Moped los, um einen neuen zu kaufen. Der Schalter kostete umgerechnet gut 30 € (Originalteil von Fiat) und der Einbau mit Trinkeld keine 5 €.
Die Weiterfahrt nach Istanbul lief gut und unterwegs kauften wir an einer Tankstelle einen HGS-Sticker für die mautpflichtigen Autobahnabschnitte und Tunnel / Brücken über den Bosporus (mit 8 Euro Guthaben insgesamt ca. 10 Euro, was locker reichen wird). Gegen 21 Uhr kamen wir auf dem Stellplatz am Sportplatz an, wo wir schon bei unserem letzten Istanbulbesuch übernachtet hatten (hier findet Ihr den Tourbericht vom vergangenen Jahr). Wir gingen noch schnell etwas essen, bevor wir müde in unser Bett verschwanden.
Tag 78: Dienstag, 12. März 2019
Nach dem Kaffeetrinken schlenderten wir von unserem Stellplatz los entlang des Bosporus und überquerten das Goldene Horn auf der Galata-Brücke.
Ab dem frühen Nachmittag war ein krasser Wetterwechsel mit Temperatursturz und Regen angekündigt. Als wir gerade mit der Fähre von Karaköy auf die asiatische Seite Üsküdar übersetzten, kam dieser Wechsel.
In Üsküdar flüchteten wir uns schnell in ein Restaurant und “frühstückten” dort.
Draußen schüttete es derweil. Trotzdem versuchten wir, nach dem Essen das Viertel zu erkunden. Aber wir landeten wieder in einem Kaffee und gönnten uns noch noch einen Nachtisch.
Wir fuhren mit der U-Bahn zurück zur Station Yenikapi, direkt an unserem Stellplatz. Dort nahmen wir mit Anil, den wir letztes Jahr bei Edirne kennengelernt hatten (hier der Bericht dazu), Kontakt auf und verabredeten uns zum Abendessen in Kadiköy. Er wohnt dort auf der asiatischen Seite.
Also liefen wir durch den Regen wieder zur U-Bahn, fuhren unter dem Bosporus durch und freuten uns, Anil wieder zu sehen. Das Viertel Kadiköy war ganz anders als die Gegenden von Istanbul, die wir bisher gesehen hatten: deutlich jünger und alternativer, irgendwie ein bisschen wie Berlin-Kreuzberg mit vielen Graffitis.
Der Wahlkampf tobte gerade (Ende März sind Regionalwahlen in der Türkei). Hatte Erdogans AKP in vielen Vierteln auf der europäischen Seite die Mehrheit der Plakatwände belegt, war es hier genau andersrum, die kemalistische, sozialdemokratische CHP war omnipräsent, wird sie vermutlich in diesem größten Bezirk von Istanbul auch wieder locker die Mehrheit holen.
Wir speisten lecker mit Anil und danach gingen wir zum Ratschen in ein Café. Wir unterhielten uns ewig über Gott und die Welt und natürlich auch über Politik. Achja, in dem Café liegen auf vielen Sesseln und Sofas ganz süße Katzen.
Müde kamen wir gegen Mitternacht zurück zu WHATABUS.
Tag 79: Mittwoch, 13. März 2019
Nach dem anstrengenden Vortag war ausschlafen angesagt. Erst am frühen Nachmittag machten wir uns bei regnerischem Wetter auf in Richtung Hagia Sophia. Unterwegs gab es frische Pide in einer kleinen Bäckerei.
Die Hagia Sofia wurde im 6. Jahrhundert gebaut und ist eine einzigartige Kirche mit riesigen Dimensionen. Trotz der vielen Touristen gefiel es uns dort sehr gut.
Gleich nebenan ging es weiter im Topkapi-Palast, eine riesengroße Palastanlage aus dem 15. Jahrhundert. Die Bauten sind beeindruckend, die ganzen ausgestellten Exponate konnten keine übermäßige Begeisterung bei uns wecken.
Und trotz des kalten Wetters waren viele Besucher aus aller Welt unterwegs – da freuten wir uns doch gleich auf viele unbekannte Sehenswürdigkeiten in Anatolien, die wir wohl fast für uns alleine haben werden.
Selena wollte vor ihrem Heimflug noch ein bisschen shoppen – der Wunsch wurde natürlich erfüllt.
Zurück am Stellplatz packte Selena ihr Reisegepäck und dann gingen wir noch ein letztes Mal in Istanbul essen. Wir nahmen uns vor, auf der Heimfahrt noch mal in dieser Metropole einen Stopp einzulegen – bisher kennen wir Istanbul nur bei eher schlechtem Wetter.
Gegen 21 Uhr fuhren wir los in Richtung neuer Flughafen. Der Verkehr war erträglich, so dass wir ohne Stau dort ankamen.
Nach Rückfrage beim Flughafen sollte es bis Mitte März noch eine Parkmöglichkeit auch für hohe Fahrzeuge geben, die wir auch fanden. Noch dazu sind die Parkplätze bis zum geplanten kompletten Umzug vom Atatürk-Flughafen Anfang April kostenlos.
Wir erkundeten das Terminal, um zu sehen, von wo Selena am nächsten Tag fliegen würde – architektonisch sehr beeindruckend, alles tipptopp sauber und noch einige Baustellen.
Tag 80: Donnerstag, 14. März 2019
Der Abschied stand bevor. Gemeinsam gingen wir die wenigen Schritte zum Check-in. Da ja erst ein paar Flüge pro Tag dort probehalber abgefertigt werden, ging alles ohne Wartezeit. Vor der Passkontrolle mussten wir uns dann verabschieden und Selena machte sich alleine auf den Weg nach Frankfurt und ich wartete in WHATABUS noch, bis ihr Flug gestartet war.
Hallo,
schlimm, ja sehr schlimm, schon wieder bei de Türken, habt ihr nix besseres vor in eurem Leben.
Gruß
Daniel
Hallo Daniel,
gesetzt den Fall, Du meinst den Kommentar ernst (Ironie können wir nämlich nicht darin erkennen), dann hast Du in Deinem Leben noch viel zu entdecken.
Viele Grüße aus der Türkei,
Marc
Hallo!
Und ich versteh euch total, grüß die Türken von mir und iss eine Portion Köfte für mich mit 😀
Ich würd am liebsten auch gleich wieder kommen… allerdings sind wir keine Camper, aber ich freu mich über deine Berichte, da ich die Ägäisküste recht gut kenne. Beim nächsten Mal dürft ihr aber nicht an Ayvalik vorbeifahren, das ist eine sooo tolle Stadt.
Gute Weiterreise und Grüße aus eurer Heimat 😉
Hallo Brigitte,
danke fürs Lesen unserer Beiträge und das machen wir natürlich gerne!
Es gibt so viele tolle Orte in der Türkei, wir werden leider nie alle entdecken können. Aber in Ayvalik waren wir letztes Jahr sogar mal und haben einen Abstecher auf die Insel Alibey Adasi gemacht.
Ganz liebe Grüße in die Heimat, in die wir (leider) bald wieder zurückfahren müssen,
Marc und Selena