7. bis 18. September 2020
Montag, 7. September 2020
Nach über vier Wochen auf dem Campingplatz Autocamp Nove Mesto am Trailzentrum des Singltreks ging es für mich weiter nach Polen. Ich fuhr über die Grenze und entlang des Isergebirges, in dem ich jetzt echt zur Genüge geradelt war, ging es weiter zum nächsten Gebirgszug der Sudeten: dem Riesengebirge.
In Jelenia Gora checkte ich am Rand des Stadtzentrum auf dem Auto-Camping Park No. 130 ein und drehte gleich eine Runde mit dem Rad durch die Umgebung.
Am Abend machte ich einen Spaziergang auf den Marktplatz von Jelenia Gora.
Und natürlich ging ich auch in ein Restaurant mit vorzüglicher Küche.
Dientag, 8. September 2020
Das Wetter wurde sommerlich heiß und so beschloss ich, auf den Spindlerpass zu radeln. Von der tschechischen Seite führt eine breite Straße nach oben, das Straßenbauprojekt von der polnischen Seite wurde aber nie fertig gestellt, so geht ab einer bestimmten Höhe schnurstracks geradeaus eine Behelfspiste nach oben auf die Passhöhe.
Der Blick oben auf der Passhöhe war toll, auch wenn ein ordentlich Wind blies und ich deswegen recht schnell wieder die Abfahrt antrat.
Dass dies eine der steilsten Fahrstraßen von Polen mit Steigungen von teils über 24 % ist, erfuhr ich erst, als ich in der Abfahrt später nach dem steilsten Teilstück ein paar polnische Rennradfahrer traf und mich mit denen unterhielt.
Zurück am Campingplatz machte ich mich frisch und war ordentlich ausgelaugt, aber: Ich hatte ein Date mit Marta -dank Tinder war ich überhaupt erst auf die Idee gekommen, nach Jelenia Gora zu fahren. Eigentlich wollte sie mich schon am Singltrek besuchen kommen und gemeinsam mit mir ein paar Runden über die Trails drehen, aber sie hatte sich etwas im Knöchel gebrochen und war deswegen arg eingeschränkt – so dachte ich zumindest. Sie holte mich mit ihrem Auto ab, um mit mir zum Essen zu gehen. Aber vorher meinte sie, sie könnte mir ein paar Schlösser rund um Jelenia Gora zeigen. Dazu sagte ich natürlich nicht nein.
Und bereits beim dritten Schloss machten wir einen großen Spaziergang außenrum und sie meinte, normalerweise würde sie jetzt mit mir über die Mauer einsteigen, das ginge aber nicht wegen ihrem kaputten Knöchel.
Zurück in der Stadt gingen wir sehr lecker essen und unterhielten uns auf Englisch auch bestens.
Danach bekam ich noch eine Stadtführung (zu Fuß!) und wir verabredeten uns wieder für den nächsten Tag.
Mittwoch, 9. September 2020
Ich checkte am Campingplatz aus und fuhr zu Marta, die ein paar Kilometer entfernt im Kurort Cieplice Śląskie-Zdrój wohnt. Wir machten “nur eine kleine” Radtour (ca. 20 km) durch die Sehenswürdigkeiten der Umgebung.
Am Abend unternahmen wir einen Spaziergang auf einen magischen Berg, der wohl schon zu heidnischen Zeiten eine Kultstätte war.
Die Nacht durfte ich dann mit WHATABUS in der Einfahrt von Marta verbringen.
Donnerstag, 10. September 2020
Morgens arbeitete ich im Bus und bekam zum Frühstück sehr leckere Pfannkuchen von Marta. Ich freundete mich sogar mit ihren Hunden Coco und Chanel an.
Mit Marta hatte ich nicht nur eine tolle sexy Frau kennengelernt, sondern auch eine super Reiseführerin, die mir unbedingt ihre Region zeigen wollte. So ging es dann am Nachmittag zum Schloss Fürstenstein, dem Zamek Książ.
Wir wanderten durch die riesengroße, sehr natürlich Parkanlage und genoßen später den Sonnenuntergang mit Blick auf das Schloss.
Freitag, 11. September 2020
Nach dem Frühstück packte ich die Räder von uns beiden auf den Bus und wir fuhren in den polnischen Teil des Isergebirges für eine Runde mit den Mountainbikes.
Ich hatte echt Probleme mit Marta mitzuhalten – sie ist vor einigen Jahren Downhill-Rennen gefahren, somit eine super Trainerin für mich 😉 Aber ich frage mich heute noch, wie sie das alles mit ihrem kaputten Knöchel schaffte.
Natürlich durfte die Belohnung nicht zu kurz kommen und an einer Hütte gab es superleckere Omeletts.
Und landschaftlich war es in den Bergen auch echt der Hammer.
Samstag, 12. September 2020
Für den Samstag stand auf Martas Programm kein Sport in der Natur, sondern Holzverräumen, das morgens geliefert wurde. Puh, anstrengend, aber gutes Training für die Oberarme 😉 Und belohnt wurde ich mit einem deftigen polnischen Frühstück.
Nachmittags machten wir einen Ausflug zu einem Stausee und einer Ruine aus kommunistischen Zeiten, damals wohl ein Erholungshotel für politischen Kader.
Anschließend musste dann noch etwas Bergsteigen sein, wir wanderten auf den Ostrzyca Proboszczowicka, zu deutsch Spitzberg, im polnischen Volksmund Mount Fuji, ein erloschener Vulkan – besonders romantisch im Sonnenuntergang…
Danach gingen wir noch in ein erstklassiges Lokal zum Essen – kulinarisch Genießen, das klappt auch bestens in Polen.
Achja, mittlerweile parkte der Bus zwar noch in der Einfahrt, aber ich war schon vor einigen Tagen in Martas Haus halbwegs eingezogen und wiederholte somit (hoffentlich nicht!) die Geschichte des Hauses: im Zweiten Weltkrieg hatte dort der deutsche SS-Offizier gewohnt, der eine Außenstelle des KZ Groß-Rosen in der Nähe geleitet hatte…
Sonntag, 13. September 2020
Da ich mich auch an den polnischen Einkaufsgewohnheiten interessiert gezeigt hatte, ging es auf den Sonntagsmarkt in der Nähe. Eine Mischung aus Flohmarkt und Wochenmarkt – hier gab es so ziemlich alles von der Hausmacherwurst bis zu gebrauchten Fahrrädern.
Zurück bei Marta bekam ich noch einen Kochkurs für Pierogi ruskie – Teigtaschen gefüllt mit Kartoffeln, Speck und Zwiebeln. Ein Diplom erhielt ich mangels Erfolg leider nicht für meine Faltkünste…
Zur Verdauung unternahmen wir eine kleine Wanderung auf die Burgruine Zamek Chojnik – im Sonnenuntergang hatten wir einen tollen Blick vom Riesen- aufs Isergebirge.
Danach fuhren wir im Dunklen an einen Wasserfall zum Baden – also Marta, ich nicht – im Dunklen hatte ich etwas Angst davor. Sollte ich im Winter wieder zu Marta fahren, werde ich wohl nur schwer darum rumkommen, mit ihr dort Eisbaden zu gehen.
Montag, 14. September 2020
Ein Tag ohne Bewegung ist ein verlorener Tag… deswegen ging es wieder mal aufs Rad durch die Wälder des Riesengebirges. Wir fanden sehr viele Pilze. Und Ziel der Tour war ein eiskalter Gebirgsbach, in dem wir badeten – jetzt traute ich mich auch rein.
Dienstag, 15. September 2020
Ich hatte das ganze Jahr noch keine richtige Bergwanderung unternommen und jeden Tag hatten wir besten Blick auf den Höhenzug des Riesengebirges. So äußerte ich den Wunsch, auf die Schneekoppe zu wandern. Vor gut vier Jahren war ich von der tschechischen Seite mit Selena schon dort hochgestiegen (hier der Bericht dazu).
Hatte mich Marta in den letzten Tagen trotz ihres gebrochenen Knöchels beim Radfahren immer ganz schön ins Schwitzen gebracht, dachte ich, dass das beim Wandern ja nicht so schlimm werden könnte. Aber weit gefehlt: sie hängte mich förmlich ab beim Aufstieg. Bei der ersten Pause in einer Hütte auf der tschechischen Seite war ich über die Energiezufuhr dann auch entsprechend froh.
Auf dem Gebirgskamm ging es dann von der Hütte auf den Gipfel (übrigens der höchste Berg Tschechiens), ich schön hinterher hechelnd, aber ich kam dann doch noch irgendwann an.
Und natürlich hatte sich Marta für den Abstieg noch ein paar schöne Ecken einfallen lassen, die sie mir zeigen musste: den Gebirgskamm, zwei schöne Hütten, ein toller See. So kamen wir erst im Dunklen wieder zurück zum Auto.
Zuhause bei Marta zauberte sie am Herd dann noch quasi nebenbei ein geniales Gulasch und dazu polnische Kartoffelpuffer.
Mittwoch, 16. September 2020
Meine Zeit in Polen ging dem Ende zu, musste ich doch auch endlich mal wieder daran denken, zurück nach Deutschland zu fahren. Den Mittwoch nutzten wir für allerlei Einkäufe auf dem örtlichen Markt, bei der Käserei, im Süßwarenladen und auch polnischer Wodka als Mitbringsel landete im Einkaufswagen.
Donnerstag, 17. September 2020
Mein letzter Tag in Polen… etwas wehmütig unternahmen wir einen Ausflug in den Japanischen Garten Siruwia, ganz in der Nähe von Jelenia Gora, angelegt an ehemaligen Fischteichen.
Danach verabschiedete ich mich von Marta und ihrer unermesslich großen Gastfreundschaft. Vor mir lagen über 600 km Fahrt zurück nach Deutschland. Ich konnte mir einen Stopp in einem Supermarkt aber nicht verkneifen, um die Vorräte noch weiter aufzufüllen. An der Grenze tankte ich dann und nahm die letzten knapp 6 Stunden Fahrt in Angriff.
Freitag, 18. September 2020
Mitten in der Nacht kam ich im Odenwald bei Selena an – geschäftliche Termine in Hessen warteten auf uns. Immerhin erwachte ich morgens bei Sonnenschein in bester Gesellschaft neben WHATABEAR.
Ein wunderschöner Trip nach Tschechien und Polen ging somit zu Ende. Mit Marta hatte ich eine tolle Frau kennengelernt und wunderbare Tage verbracht – wie es mit uns weitergehen wird? Gute Frage, ich weiß es selber nicht… Der Corona-Tristesse war ich noch mal für ein paar Wochen entkommen und wunderbar abgelenkt worden. Dass das die einzige richtige Reise in 2020 nach der Überwinterung auf Sizilien bleiben würde, vermute ich jetzt auch mal. Ach, die Zeiten sind bescheiden im Moment, machen wir einfach das Beste daraus!
Hallo Marc,
diese Bericht ist für mich besonders interessant , Danke.
Ist doch Hirschberg, also das jetzige Jelenia Gora, die Geburtsstadt meiner Mutter.
Ich war bereits Ende der 70er Jahre für eine Woche dort. Das war noch etwas abenteuerlich mit Transitvisen durch die Tschechoslowakei. Ein zweites Mal habe ich die Gegend etwa 2003 bereist.
Ich habe jeweils viele liebenswerte und aufgeschlossene Menschen erlebt.
Ein Hinweis zu Deinem Foto vom Marktplatz mit dem ehemaligen Rathaus. Durch den Torbogen fuhr früher die Straßenbahn.
Die Hütten in den Begen wurden früher Bauden genannt. Zur Schneekoppe sind wir von Krummhübel / Karpacz Gorny gewandert. Sehenswert u.a. die Stabkirche Wang.
Und weil Du sicher noch öfter Richtung Jelenia Gora unterwegs sein wirst. Folgende Orte sind mir noch positiv in Erinnerung:
Schmiedeberg / Kowary, Schreiberhau / Szklarska Poreba, Bunzlau mit der berühmten Keramik.
Hallo Hermann,
Ende der 70er war das ja sicher ein wahres Erlebnis.
Am Torbogen steht auch noch eine alte Straßenbahn heute.
Die Bauden sind toll, da sind wir auch in einigen eingekehrt auf beiden Seiten der Grenze.
Die Wanderung auf die Schneekoppe ist in Karpacz gestartet. Kowary muss ich beim nächsten Mal noch in Ruhe anschauen. In Szklarska Poręba haben wir nach der Radtour im Isergebirge einen Stopp eingelegt, aber da war touristisch echt die Hölle los.
Bin schon gespannt, wann man da endlich wieder einfacher hinreisen kann – mit solchen Einschränkungen hätte ich ja niemals gerechnet…
Liebe Grüße aus Oberbayern,
Marc