4. bis 7. April 2019
Tag 101: Donnerstag, 4. April 2019
Nachdem wir schon ein paar arbeitsreiche Tage auf dem Dragon Kamping in Anamur verbracht hatten, waren wir immer noch auf dem schönen Platz.
Außerdem war Selena mittlerweile gesundheitlich wieder hergestellt. Übrigens: unsere Nature’s Head Komposttoilette hatte die Magen-Darm-Grippe bestens überstanden (hier lest Ihr mehr über den Einbau und hier über den Einsatz der Komposttoilette). Wir dachten ja eigentlich, dass wir sie so schnell wie möglich leeren müssten, aber sie “verhält” sich absolut unauffällig. Wieder mal merken wir: diese Toilette war jeden einzelnen Cent wert!
Am Vorabend waren wir von einer türkischen Grillgesellschaft noch eingeladen worden, es gab leckere Grillspieße und eine nette Unterhaltung per Google Übersetzer. Manchmal sind wir echt überfordert mit der türkischen Gastfreundschaft.
Der Donnerstag war noch mal ein Tag mit viel Arbeit an den Notebooks, aber am späten Nachmittag brauchten wir endlich Abwechslung und fuhren zu den ca. 10 km entfernten Ausgrabungen des antiken Anamuriums, wo wir letzten Winter auch schon waren.
Nur dieses Mal war das Wetter deutlich besser. Die antike Stadt, damals der wichtigste Hafen für die Handelsroute nach Zypern, reicht ja bis ganz ans Mittelmeer, so dass ich mit den Füßen im Wasser feststellte, dass das Mittelmeer doch schon recht warm geworden war.
Als wir zum Parkplatz zurückkamen, stand tatsächlich ein französisches Expeditionsmobil neben WHATABUS. Bevor wir das näher betrachten konnten, rief es auf einmal laut “Das glaub ich jetzt nicht?! Ich habe gerade Eure Georgien-Berichte gelesen und jetzt steht ihr hier!” Ani, eine junge Deutsche ist ebenfalls mit dem Wohnmobil unterwegs und hat noch italienische Camper im Schlepptau. Wir kamen ins Gespräch und tauschten uns mit Tipps aus – Anni hatte drei Jahre in Diyarbakır gelebt und kennt sich gerade in dieser Gegend aus.
Es kommen wohl wirklich immer mehr Camper in die Türkei und das freut uns ungemein!
Anschließend fuhren wir ins Zentrum des modernen Anamur zum Essen und Einkaufen. Gleich gegenüber vom Parkplatz war ein Berber, der sich meiner Frisur annehmen musste – Selena hatte versucht, mir den Nacken auszurasieren, was ordentlich fehl geschlagen war. Aber der Barber brachte alles wieder in Form. Außerdem ließ ich mir noch die Ohren und Wangen mit Wachs enthaaren, was gar nicht so schmerzhaft wie befürchtet war.
In einem Restaurant gab es sehr leckeres Essen und zum Nachtisch zogen wir in ein spezielles Künefe-Restaurant um.
Danach stockten wir unsere Vorräte auf, Obst, Gemüse, Fleisch, ein paar Süßigkeiten, bevor wir zum Campingplatz zurückfuhren.
Tag 102: Freitag, 5. April 2019
Der Freitag sollte bei strahlendem Sonnenschein unser arbeitsfreies Wochenende einläuten (was auch fast klappte, nur eine knappe halbe Stunde hing ich am Notebook, um für unser Planungsbüro zu arbeiten).
Zum Frühstück wurde der Grill ausgepackt und es gab Couscous-Salat, Cacik (türkisches Tzatziki), frisches Brot, Tomate, Gurke und superleckere Rindersteaks – das Fleisch war echt der Hammer.
Nachmittags lag ich zum Lesen in der Hängematte, während Selena den Bus innen weiß folierte (Bilder folgen erst, wenn alles fertig ist).
Der Tag war einfach total gemütlich und ich holte mir schon einen leichten Sonnenbrand. Natürlich kamen die Hühner wieder zum Bus und sogar die Ziegen vom Nachbarn schauten vorbei.
Kurz vor Sonnenuntergang stieg Selena noch auf die Burg, da waren wir bisher noch gar nicht hochgegangen. Der Blick von oben auf die Bucht (und den Bus) ist wirklich sehenswert.
Tag 103: Samstag, 6. April 2019
Nach fünf Nächten auf dem Dragon Kamping samt angenehmer Nachbarschaft zu den Hühnern wurde es Zeit, die Kulisse zu wechseln und weiterzufahren. Wir füllten morgens noch den Wassertank und verabschiedeten uns von den Hühnern, die mittlerweile schon von sich aus zu WHATABUS kamen.
Entlang der Mittelmeerküste ging es über teils perfekt ausgebaute vierspurige Straße und teils noch auf kurviger enger Küstenstraße in Abschnitten mit Baustellen für neue Tunnel in Richtung Osten. Unterwegs kauften wir frische Bananen, direkt hier vor Ort gewachsen.
In Tasucu, wo wir letzten Winter die Fähre nach Zypern genommen hatten, machten wir einen Stopp, um im gleichen Restaurant wie damals essen zu gehen. Pide, Lahmacun und Adana Kebap geht doch eigentlich immer.
Und danach gab es noch in einem großen Nachtisch-Restaurant Künefe und Sütlac (türkischer Milchreis) – unsere Lieblingsdesserts!
In Silifke machten wir einen Stopp, um die dortige mittelalterliche Zitadelle zu besichtigen – leider war sie wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Dafür spazierten wir direkt unter der Burg im Hang über eine nagelneue Holzterrasse mit Blick auf die Stadt, wo zum Wochenende einiges los war.
Anschließend überquerten wir auf einer römischen Brücke den Fluss Göksu, in dem Kaiser Barbarossa auf einem Kreuzzug ein Stück flussaufwärts beim Baden ertrunken war. Von dort führte die Straße immer weiter nach oben in die Berge, bis wir auf 1.200 Höhenmetern die antike Stadt Diokaisareia, heute Uzuncaburç, erreichten. Der Wärter begrüßte uns mit ein paar Brocken deutsch und freute sich, endlich mal wieder seine mühsam erlernten Deutschkenntnisse anzuwenden. Er erklärte uns noch, wo alles lag und wir schlenderten los in Richtung Zeustempel, Tychetempel und Stadttor – sehr beeindruckend, da die Ausgrabungen mitten in einem bewohnten Dorf samt Bewirtung von Weinbergen liegen.
Auch den hellenistischen Wehrturm und das Amphitheater erkundeten wir zu Fuß.
Anschließend fuhren wir ca. vier Kilometer ins antike Olba, wo die Archäologen noch viel zu tun haben. Aber Nymphäum und Aquädukt sind schon gut zu erkennen.
Durch kleine Dörfer und viel landwirtschaftliche Fläche fuhren wir zurück an die Küste, unterwegs sahen wir immer wieder antike Ruinen neben der Straße.
In Kizkalesi kamen wir ans Meer und sahen schon aus der Ferne das Wahrzeichen: die im Meer liegende Mädchenburg. Wir parkten am Strand und liefen zu den vielen jungen Türken, die trotz diesigem Wetter jede Menge Fotos für Instagram machten.
Gleich neben dem Strand mit dem Blick auf die Mädchenburg liegt die antike Stadt Korykos – diese Gegend hat echt jede Menge Historisches zu bieten!
Wir beschlossen, uns ein paar Kilometer weiter an der nächsten antiken Stadt Elaiussa Sebaste ein Plätzchen für die Nacht zu suchen. Direkt am Strand sahen wir viele Wochenendausflügler beim Picknicken, auch ein Wohnmobil und zwei Zelte standen schon da. Wir gesellten uns dazu und machten noch einen Spaziergang an der Küste. Dass es endlich wärmer wurde, merkten wir an den schon recht aktiven Stechmücken.
Danach setzten wir uns gemütlich vor den Bus und beobachteten das Treiben am Sandstrand, u.a. einen türkischen Pickup, der gleich dreimal im Sand stecken blieb. Die beiden Jungs mit den Zelten kamen zu uns, um uns zum Abendessen einzuladen. Eine Einladung abzulehnen, wäre in der Türkei total unhöflich, also setzten wir uns zu ihnen und aßen ein paar Bissen Menemen (lecker!) und Salat. Danach gab es auf dem Lagerfeuer gekochten Tee und wir unterhielten uns mit Händen und Füßen – und Google Übersetzer. Ein wirklich schöner Abend!
Tag 104: Sonntag, 7. April 2019
Die Nacht am Strand vor den Ausgrabungen war ganz ok, aber die recht naheliegende Durchgangsstraße war lauter als gedacht. Nachdem wir vor dem Bus in der Sonne mit Blick aufs Meer unseren Kaffee getrunken hatten, gingen wir in die Ausgrabungen von Elaiussa-Sebaste. Besonders viel war offiziell leider nicht zugänglich, hier wird nämlich noch aktiv ausgegraben.
Aber immerhin hatten wir auch Blick auf die andere Straßenseite aufs Theater und noch viele andere alte Steine. Beim Verlassen der Ausgrabung schlängelte sich eben noch vor uns eine lange schwarze Schlange ins höhere Gras.
Zurück am Bus wollten wir uns von unseren zeltenden Nachbarn verabschieden, wurden aber sofort zum Kahvaltı (Frühstück) eingeladen. Ein Nein wurde nicht akzeptiert und so gab es Rührei mit Sucuk, Oliven, Käse und viele andere Leckereien.
Wir verplapperten uns wieder und nach einem gemeinsamen Foto “durften” wir weiterfahren.
Wir machten uns auf den Weg in Richtung Millionenstadt Mersin. Ein paar Kilometer vor dem Zentrum hielten wir an den Ausgrabungen von Solin, der antiken Stadt von Pompeipolis. Die Prunkstraße mit Säulen führte bis zu einem der wichtigsten Häfen in der Antike, also parkten wir den Bus direkt am Strand zwischen den vielen Strandbesuchern, die viele bunte Drachen stiegen ließen und erkundeten die Ausgrabungen.
Zurück am Strand machten wir es den Türken nach, packten die Stühle aus und setzten uns ebenfalls in die Sonne. Natürlich wurden wir wieder auf Deutsch angesprochen von Ali, der in den Niederlanden lebt und arbeitet, aber gerade zu Besuch bei seiner Familie war.
Die Fahrt ins Zentrum von Mersin verlief entlang einer kilometerlangen, sehr gepflegten, teils noch in Bau befindlichen Strandpromenade – Erholungswert für die Bevölkerung wird hier einfach groß geschrieben.
Dann ging’s auf die Autobahn in Richtung Adana. Unterwegs hielten wir an einem Restaurant und es gab mal wieder leckere Sachen vom Grill.
Kurz vor Adana wurden wir an einer Polizeikontrolle angehalten und gefragt, wo wir hinfahren. Dabei erfuhren wir, dass im Stadtzentrum das Orangen-Festival lief. Also ab dort hin! Wir fuhren direkt rein in die Innenstadt und fanden im Halteverbot zwischen anderen Kastenwägen einen Parkplatz direkt zwischen den Wahrzeichen von Adana: der Steinbrücke aus römischer Zeit und der größten Moschee der Türkei.
Wir liefen drauf los und bestaunten zuerst sprachlos die riesige Moschee.
Je näher man ihr kommt, desto surrealer wirkt sie. Es ist ein unglaubliches Gebäude und auch von Innen wunderschön.
In den Grünflächen direkt daneben lief das Festival mit vielen Menschen, lauter Musik, Tanz, zahlreichen Essensständen und fliegenden Händlern. Feiern können die Türken wirklich richtig gut.
Das Wetter war blendend und schön warm bei ca. 25°C – Adana soll die wärmste türkische Stadt sein, haben wir gehört. So lag auch die Steinbrücke im perfekten Licht der Sonne.
Vor der Weiterfahrt gönnten wir uns noch ein Eis vor dem Bus. Wenn wir unsere Klappstühle mitten auf den Gehweg gestellt hätten, wären wir wahrscheinlich nicht mal negativ aufgefallen.
Von Adana ging es ca. 20 km in Richtung Osten ins Dorf Yakapinar, zu antiker Zeit die Stadt Mopsuestia oder Misis. Die steinerne Brücke ist auch dort noch komplett erhalten, Fahrzeuge bis 10 t Gewicht dürfen auch noch darüber fahren.
Das wohl sehenswerte Mosaik-Museum war leider geschlossen, also fuhren wir weiter in Richtung der Ausgrabungen von Kastabala, zunächst einige Kilometer auf der Autobahn in Richtung Gaziantep und dann noch ein paar Kilometer auf der Landstraße. Unterwegs hielten wir schon Ausschau nach Übernachtungsplätzen, wollten unser Glück aber direkt an der Ausgrabung probieren. Dort erwarteten uns schon zwei bewaffnete Soldaten in Kampfuniform, aber sehr freundlich. Mit Google Übersetzer fragten wir, ob wir denn hier übernachten dürften.
Das mussten sie erst abklären, also liefen wir los durch die alten Steine. Viele tollen Säulen stehen noch, hier laufen die Ausgrabungen erst seit zehn Jahren und sind noch lange nicht abgeschlossen (deswegen auch die blaue Folie als Schutz für den Winter).
Auf einem Berg stand früher die Akropolis, im Mittelalter wurde sie durch eine Burg ersetzt. Auch das Theater existiert noch größtenteils.
Zurück am Parkplatz erwarteten uns die beiden Soldaten und teilten uns mit, dass wir übernachten könnten, nachts aber die Ausgrabung nicht betreten dürften. Also begannen wir, uns im Bus was zum Essen vorzubereiten. Dann klopfte ein dritter Soldat mit Maschinengewehr an den Bus und wir unterhielten uns. Er konnte ein bisschen Englisch, gab mir am Telefon den “Manager” und wir bekamen erneut das OK. Selena brutzelte bereits Gemüse in der Pfanne, da klopfte es erneut: es gäbe doch ein Problem, die Ausgrabung ist Schutzgebiet, deswegen sollten wir doch bitte im ein paar Kilometer entfernten Dorf Cevdetiye an der Tankstelle übernachten – der Tankwart, ein Freund, wurde angerufen. Wir würden einen Teufel tun, uns nicht an diesen zugewiesenen Platz zu halten: nach schlechten Erfahrungen seit Schliemann haben die Türken berechtigte Angst vor Grab- und Steinräubern. Der Tankwart erwartete uns bereits freundlich und so schlugen wir unser Nachtlager bei ihm auf.