24. bis 25. Januar 2017
Tag 49: Mittwoch, 24. Januar 2018
Der nächtliche Regen hat morgens aufgehört. So können wir bei bewölktem Wetter erst mal sehen, wo wir in Anamur überhaupt gelandet sind – wieder mal ein Platz aus dem #RealVanlife, nicht besonders fotogen…
Wir fahren zum jetzt geöffneten Parkplatz der Ausgrabungen von Anemurium, zahlen den bescheidenen Eintritt und besichtigen die verlassene Stadt.
Sie hatte ihre Blüte in römischer Zeit. Eine Besonderheit ist, dass sie direkt ans Meer gebaut wurde. Im Mittelalter gab es auf dem Berg auch noch eine Festung.
Wir dürfen dort noch den Wassertank füllen und fahren dann weiter zu unserem nächsten Ziel: der Hafen von Taşucu. Unterwegs halten wir an verschiedenen Obstständen und kaufen super leckere Erdbeeren (besser als die aus Huelva!) und süße Mini-Bananen. Wir fahren nämlich die letzten Tage durch große Gewächshauslandschaften und kaufen somit frisch und regional – das schmeckt man.
In den letzten Tagen haben wir interessehalber oberflächlich recherchiert, ob und wie wir denn nach Zypern fahren könnten. Es gibt wohl nur eine Fähre nach Zypern, und die verbindet die Türkei (von Taşucu oder Mersin) mit Girne in Nordzypern. In den griechischen Teil gibt es angeblich keine Fährverbindung im Moment. Also beschließen wir spontan, ein weiteres Reiseland mitzunehmen.
In der Stadt suchen wir das Büro der Gesellschaft Akgünler. Schnell ist das Ticket gekauft: umgerechnet ca. 100 Euro für uns beide und den Bus. Die nette Dame am Schalter, die kaum Englisch spricht, will noch wissen, wer der Fahrer ist und schaut erstaunt, als wir Selena angeben. Abfahrt ist um 23:30 Uhr und Ankunft am nächsten Morgen um 8:00 Uhr.
Wir suchen uns einen Parkplatz, neben einem türkischen Wohnmobil, das aber wahrscheinlich hier schon länger steht, und gehen zum Schlendern an den Hafen. Hier kann man im Sommer mit der “Black Pearl” auf Abenteuerfahrt gehen – Wuhuu!
In einem Restaurant essen wir mal wieder sehr lecker und beobachten, wie ein anderes Wohnmobil, ein türkischer Kastenwagen, neben uns parkt. Den müssen wir uns nachher mal genauer anschauen. Wir haben bis auf Helmut immer noch kein einziges ausländisches Wohnmobil entdeckt. Türkische überraschenderweise schon – und viele davon mit unauffälligen und neuen Kastenwägen.
Ich suche mir nach dem Essen noch einen Barbier, der meinen Bart etwas sehr kurz schneidet 🙁 , aber gerade mal 2 Euro kostet.
Zurück am Bus besuchen wir unsere Nachbarn und dürfen ihr Mobil anschauen: ein Fiat Ducato von einer türkischen Firma augebaut. Sehr schick, alle Möbelfronten in weiß. Da haben die Türken schon deutlich mehr Geschmack als die deutschen Hersteller!
Wir arbeiten ein bisschen und duschen, bevor wir an den ca. 2 km entfernten Fährhafen fahren, wo wir um 22 Uhr sein sollen. An der Einfahrt kommt ein Wachposten und erklärt uns, dass nur der Fahrer hier rein darf, die Passagiere müssen zu einem anderen Tor gefahren werden… ok, dann packe ich mir schnell meine Sachen zusammen und ziehe mich warm an, während Selena mich dorthin fährt. Wir müssen uns also für die nächste Zeit trennen…
Über Whatsapp halten wir Kontakt. Während ich von den Türken im Warteraum mit Tee bewirtet werde, sehe ich Selena auf der anderen Seite des Zauns vorbeifahren. Wir unterhalten uns durch den Zaun – alles total chaotisch, Selena hat keine Ahnung, wo sie hin muss. Muss sie auch auf die Waage oder durchs Röntgengerät, so wie die LKWs? Sie wird plötzlich bei den anderen PKWs eingewunken und soll dort warten. Ich darf nicht zu ihr.
Zur Kontrolle der Papiere muss sie zur “Polis” und zum Zoll. Beim Zoll wollen sie dann wissen, wer der Besitzer des Busses ist. Sie wollen die Papiere des Inhabers sehen und nicht nur die des Fahrers. Selena bekommt die Genehmigung mich aus dem Passagierbereich in den Fahrzeugbereich zu holen. Also kontrolliert dann dort die Polis auch meinen Pass und ich bekomme den Ausreisestempel. Die Zöllnerinnen machen auch einen Vermerk in meinen Pass, dass ich mit unserem Auto ausreise. Ein Zöllner geht zur Durchsuchung unseres Busses mit uns mit. Er öffnet jeden Schrank, aber wirklich reinschauen tut er nicht. Er lächelt über unser frisch erworbenes Backgammon Spiel und fragt uns wegen der Chillikette am Seitenfenster, ob wir “Biber” (Paprika) mögen.
Danach muss ich noch mal zu den Zöllnerinnen, die wieder einen Vermerk eintragen.
Jetzt heißt es warten und zwar richtig lange. Zur geplanten Abfahrtstzeit um 23:30 Uhr kommt das Schiff an… und muss erst noch ausgeladen werden. Das dauert Stunden. Die Autos und LKW kommen immer wieder in kleinen Schwüngen raus. Wir vertreiben uns die Zeit mit Backgammon.
Endlich beginnt die Beladung der Fähre mit den LKWs und um 4:30 Uhr sollen dann auch wir den Motor starten. Wir haben beide schon auf den Sitzen geschlafen. Der Einweiser ist auch wieder erstaunt, dass Selena am Steuer sitzt. Aber er findet das super und macht Witze mit ihr. Wir fahren mit ein paar kleineren Lastwägen in den Bauch des Schiffes und dort sind wir überrascht: Mit einem Aufzug wird WHATABUS ein Stockwerk nach oben gefahren. Deswegen dauert das Be- und Entladen also so lange.
Um kurz vor 5 Uhr sind wir auf unserem Standplatz eingewiesen, machen sofort die Rollos zu und fallen ins Bett. Camping an Bord? Keine Ahnung, ob das erlaubt ist, aber niemand kümmert sich darum, dass wir nicht aussteigen. Wir nehmen noch Vomex-Tabletten, da draußen ein ordentlicher Wind geht, und schlafen sofort ein.
Tag 50: Donnerstag, 25. Januar 2018
Gegen 9 Uhr schauen wir kurz mal aus dem Fenster und auf Google Maps und sehen, dass wir gerade mal die Hälfte der gerade mal 100 km langen Überfahrt hinter uns haben. Wir schlafen weiter, bis wir um kurz vor 12 aufstehen, Zähne putzen und Kaffee kochen: wir legen im Hafen an.
Nach etwa einer halben Stunde dürfen wir in den Aufzug nach unten fahren und verlassen das Schiff. Selena wird vom Einweiser für ihre Fahrkünste gelobt und freut sich. Beim Verlassen der Fähre sehen wir sie das erste Mal im Tageslicht: es ist definitiv nicht die neueste 😉
Wir fahren zu den Kontrollen, für die wir natürlich aussteigen müssen. Keiner erklärt uns, wo wir hin müssen, aber wir schaffen es. Erst mal in den Ankunftsbereich des Gebäudes zur Passkontrolle, um die Einreisestempel zu bekommen. Dann zum Schalter des “Agenten”, wo wir Versicherung und Papiere bekommen sollen. Eigentlich ist ganz Zypern in unserer Womo-Versicherung enthalten (extra für diese Reise haben wir sie für ein paar Monate auch um einige nicht-europäische Länder erweitert). Danach geht’s zum Zollschalter, wo die Beamtinnen uns erklären, dass das nicht geht, dass der Bus mir gehört, aber Selena ihn hier durch den Zoll fährt. Zudem erkennen sie unsere Versicherung nicht an. Also zurück zum Agenten. Dort bekommen wir neue Papiere und kaufen eine einmonatige Versicherung für umgerechnet ca. 30 Euro.
Jetzt passt alles bei den Zöllnerinnen und wir sollen durch die Kontrollen fahren. Der Zöllner, der eigentlich unseren Bus durchsuchen soll, telefoniert und gibt uns schnell die nötige Unterschrift. Vor der Ausfahrt prüft ein Polizist, ob wir schon die Einreisestempel im Pass haben und schon – nach einer gefühlten Ewigkeit und zwei Kilometern Laufstrecke – sind wir in Zypern.
Es ist kurz vor 14 Uhr und wir fahren – natürlich auf der linken Straßenseite – in die Stadt Girne, wo wir erst mal an einem Supermarkt mit Fast Food-Restaurant halten und Burger essen. Was war das denn für eine chaotische Einreise?
Da es mal wieder in Strömen regnet, beschließen wir, oberhalb der Stadt an den Klosterruinen von Bellapais zu parken und uns neu zu orientieren. Die Ruine ist auf alle Fälle schon mal sehr beeindruckend und auch der Blick auf die Nordküste ist toll!
Ein paar Informationen zu Zypern:
Zypern ist die drittgrößte Insel im Mittelmeer (nach Sardinien und Sizilien). Sie zählt geographisch zu Asien, politisch und kulturell wird sie aber zu Europa gerechnet.
Bis 1960 war Zypern britische Kolonie, deswegen gilt auch immer noch auf der ganzen Insel Linksverkehr.
Nach der Unabhängigkeit gab es Spannungen zwischen den griechischen und türkischen Bevölkerungsgruppen in der Republik Zypern. Seit 1964 ist deswegen eine UN-Truppe dort stationiert. 1974 kam es zu einem Aufstand unterstützt von der griechischen Militärjunta, um die Insel an Griechenland anzuschließen. Daraufhin entsandte die Türkei Truppen und besetzte den Norden der Insel. 1984 wurde die “Türkische Republik Nordzypern” ausgerufen, die aber nur von der Türkei anerkannt wird. Völkerrechtlich existiert mehrheitlich gesehen also nur die Republik Zypern. Eine Waffenstillstandslinie wird von den UN-Truppen überwacht und teilt u.a. die Hauptstadt Nikosia.
2004 trat die Republik der EU bei. Seitdem ist es auch möglich, zwischen den beiden Inselteilen zu reisen (so hoffen wir zumindest).
zur Übersicht: Die WHATABUS-Wintertour 2017/18: Balkan und Kleinasien