25. bis 28. Januar 2018
Tag 50: Donnerstag, 25. Januar 2018
Eigentlich war der Bericht für diesen Tag schon abgeschlossen, nachdem wir den Artikel über die chaotische Anreise mit der Fähre nach Zypern gerade auf dem Parkplatz am Kloster Bellapais verfasst und online gestellt hatten.
Wir gingen noch in einem Restaurant in der Nähe des Parkplatzes ziemlich schick Essen und hatten schon ein Weilchen geschlafen.
Da schreckt uns ein lauter Knall und Wackeln aus dem Schlaf: Ein anderes Auto hatte uns heftig am Heck gerammt und war sofort weggerast. Selena löst geistesgegenwärtig das Hupen der Alarmanlage aus und ich springe aus dem Bus. Von dem anderen Auto ist natürlich nichts mehr zu sehen. Das Auto hat uns hinten rechts quasi unter den Fahrradträger gerammt, der offensichtlich arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, und damit auch die rechte Hecktüre beschädigt.
Ich rufe sofort die Polizei an und ich werde wild in der Gegend rum verbunden, bis ich mit der Verkehrsabteilung ganz gut auf Englisch kommunizieren kann. Nach einer Weile kommt der Streifenwagen mit Blaulicht und und die beiden Beamten begutachten den Schaden. Sie versichern uns, dass es kein Angriff war, sondern höchstwahrscheinlich nur betrunkene Kids, die aus Angst wegen Trunkenheit am Steuer den Führerschein zu verlieren, geflüchtet sind. Der Parkplatz ist mit Kameras überwacht, deswegen würden sie die sicher bekommen. Wir sollen jetzt in Ruhe weiterschlafen und am nächsten Morgen auf die Wache kommen, die Kollegen wüssten dann schon Bescheid. Am Auto sollen wir nichts verändern.
Ich versuche noch alles fotografisch zu dokumentieren und hoffe, dass der Schaden an der Hecktüre nicht allzu schlimm ist – sie zu öffnen traue ich mich nicht. Ich sammle die Splitter von kaputten Rücklichtern ein: von unserem und dem anderen Auto.
Wir parken weiter hinten auf dem Parkplatz und versuchen zu schlafen, was vor allem mir nicht gelingt. Zuviele Gedanken gehen mir durch den Kopf. Dass es wirklich keine Absicht des anderen Autos war, ist schwer zu glauben. Der Parkplatz ist groß und leer. Man hat das Auto sehr schnell rückwärts fahren hören bis es auf uns geknallt ist… wir versuchen zumindest den Polizisten zu glauben, dass alles nur ein dummer Zufall war.
Tag 51: Freitag, 26. Januar 2018
Am nächsten Morgen trinken wir noch Kaffee, bevor wir auf die Wache fahren. Dort weiß natürlich niemand Bescheid. Wir sollen doch bitte am Sonntag wieder kommen, wenn der Kollege von der Nacht zuvor wieder im Dienst ist. Ich übergebe als “Beweismittel” noch die Splitter von dem anderen Wagen.
Wir fahren entlang der Nordküste und frühstücken am Turtle Beach. Wir finden einen Geocache und begutachten den schönen Strand. Freihstehen kann man hier überall ohne Probleme, aber danach ist uns gerade überhaupt nicht – noch dazu, wo überall an den Stränden viel Müll rumliegt.
Wir beschließen, dass wir uns an der Ostküste von Nordzypern einen Platz suchen wollen, um erst mal zur Ruhe zu kommen, bevor wir am Sonntag wieder zur Polizei müssen.
In der Nähe der Ausgrabungen von Salamis finden wir einen “Campingplatz” auf Google Maps und fahren dort an die “Rezeption”. Der Wärter begrüßt uns und ich frage, ob wir bleiben können und was es kostet – “for free” sag er. Es wäre halt nur ein Parkplatz und die Toiletten, die er für uns aufsperren wird. Er möchte kurz unsere Pässe zur Registrierung. Währenddessen kommt Hüssein vorbei, ein Bewohner des Platzes, und unterhält sich gut mit mir auf Englisch: Der Platz ist eigentlich ein Campingplatz, aber alle Parzellen sind fest vermietet, er wohnt sogar fest hier.
Wir beziehen unser Plätzchen und laufen erst mal an den Strand. Im benachbarten Ressort finden wir sogar ein chinesisches Restaurant, in dem wir abends essen gehen wollen.
Am Bus inspizieren wir dann den Schaden genauer, indem wir die Fahrräder abbauen: Der Fahrradträger ist ordentlich verbogen, unten ist eine üble Delle in der Tür, die aber gottseidank noch funktioniert. Und mein Fahrrad hat hinten einen ordentlichen Achter. Selenas Fahrradlenker wurde auch in die Hecktüre gedrückt, dem Lenker ist nichts passiert, der Lack an der Türe ist etwas abgeplatzt – Glück im Unglück.
Die Beleuchtungsleiste vom Träger biegen wir wieder hin und kleben mit Tesa und Panzerband aus den Splittern das Rücklicht wieder so gut wie möglich zusammen.
Danach machen wir auf den Strandpfaden unter Kiefern noch eine kleine Tour mit den Mountainbikes, auch um zu sehen, dass bis auf den Achter alles ok ist an den Rädern.
Außerdem tut die Sonne und das Meer gerade sehr gut.
Um halb sieben soll das chinesische Restaurant aufmachen und wir sind kurz nach halb dort. Wir erfahren, dass wir uns in der Zeitzone vertan haben: auf den Handys, die im türkischen Netz eingebucht sind, wird die falsche Zeit angezeigt… deswegen gehen wir noch auf einen Aperitif an die Hotelbar. Die Barkeeper sind ganz erstaunt, dass wir als “Outside-Guests” hier im All-inc-Touri-Bunker aufschlagen und auch noch bereit sind, für die Getränke zu bezahlen. So langsam dämmert uns, wo wir gelandet sind.
Im China-Restaurant gibt es All-you-can-eat-Buffet – nicht unbedingt unser Favorit, A-la-carte wäre uns lieber, aber Hauptsache mal wieder Abwechslung. Es ist tatsächlich sehr lecker, der Koch kommt aus China und die türkischen und arabischen Kellner sprechen zum Teil sogar Deutsch. Trotz deren Freundlichkeit sind wir froh, individuell zu reisen und in den meisten Restaurants mit Sprachbarrieren zu kämpfen.
Vollgefuttert geht’s dann im Bus ins Bettchen und wir schlafen absolut ruhig.
Tag 52: Samstag, 27. Januar 2018
Wir schlafen aus und frühstücken draußen in der Sonne. Eigentlich hatten wir uns überlegt, uns in den Spa-Bereich vom Hotel einzubuchen, aber das Wetter ist dafür viel zu gut – endlich Sonne und sogar richtig warm!
Am frühen Nachmittag fahren wir in die ca. 13 km entfernte Stadt Famagusta, die eine tolle Altstadt haben soll. Aber zuerst halten wir an einer Tankstelle, um die Fahrräder mit dem Dampfstrahler zu reinigen.
Wir finden auch eine Fahrradwerkstatt: Abdullah sitzt an einem Schuppen umgeben von Fahrradschrott und schraubt ein Mountainbike zusammen. Meinen Achter will er gerne reparieren. Ich soll mich hinsetzen und ihm zuschauen. Achja, Kaffee wird für uns natürlich auch noch bestellt (auf Zypern ist Kaffee wohl gängiger als Tee).
Er schwärmt von Lance Armstrong, nimmt mich auch noch mit in seinen Laden, präsentiert sein fast schon antikes Peugeot-Rennrad und wir lernen seine Frau und Sohn kennen. Für die Reparatur will er gerade mal gut 4 Euro. Ich lege das Doppelte drauf. Wir verabschieden uns und werden davor noch Facebook-Freunde. Beim nächsten Mal kocht seine Frau für uns, versprochen!
In der Altstadt schlendern wir durch die Ruinen der Kirchen, die im Nordteil der Insel eher als Parkplätze benutzt werden. Eine Kirche ist jetzt ein Moschee.
Auf die massive Stadtmauer klettern wir auch noch im Sonnenuntergang.
Auf dem Rückweg zum Campingplatz gibt es mal wieder landestypische Kost – Fleischspieße, Hummus und Fladenbrot – sehr lecker!
Nachts sind wir wohl doch noch gezeichnet von dem Crash und sehr hellhörig, weil ein Auto langsame Runden über den Platz dreht und öfter auf unserer Höhe anhält. Wir müssen uns bemühen nicht paranoid zu werden. Nach dem Vorfall in Sarajewo und dem aktuellen, fällt es uns tatsächlich nicht ganz so leicht.
Tag 53: Sonntag, 28. Januar 2018
Wir schaffen es aber doch noch, auszuschlafen und buchen online die Rückfahrt mit der Fähre für nächsten Freitag. Danach brechen wir unser Lager auf und fahren am Stadtrand von Nikosia vorbei auf die Polizeiwache von Girne. Der Kollege ist natürlich nicht da, aber man weiß über unseren Fall Bescheid: Die Auswertung der Kameras hätte nichts ergeben, zu dunkel und zu schlechte Qualität, um das Kennzeichen zu erkennen. Wir vermuten, dass man uns wieder einfach so wegschicken will. Ich erkläre, dass ich für die Versicherung und für die Weiterreise unbedingt einen Unfallreport brauche. Ok, dann sollen wir mit reinkommen ins Büro, wo das erledigt wird – aber wir merken schon, dass die Beamten ganz neugierig sind und unseren Bus von innen sehen wollen. Den Wunsch erfüllen wir ihnen gerne.
Als wir im Büro sitzen, soll die junge Kollegin, die ganz gut Englisch spricht, den Bericht verfassen (natürlich auf Türkisch, aber das ist uns mittlerweile egal). Währenddessen fragt einer der Polizisten, warum wir denn da oben am Kloster übernachtet hätten und nicht am Strand. Auf der Insel müsse man doch einfach am Meer schlafen, Freistehen ist hier kein Problem, wir können überall campieren. Er gibt uns sogar noch Tipps mit guten Spots. Er hat selber einen Wohnwagen, den er mit dem Geländewagen zieht. Außerdem will er wissen, was der Bus in Deutschland denn so kostet.
Kaffee bekommen wir auch noch. Als die Kollegin mit dem Bericht fertig ist, wird uns erklärt, dass wir in den nächsten Tagen aufs Polizeihauptquartier in Nikosia fahren müssen, dort eine Gebühr zahlen müssen um dann den getippten Bericht zu bekommen… oh Boy, was für ein Act!
Die beiden Polizisten fahren mit uns im Anschluss noch auf den Parkplatz, um eine Vor-Ort-Begehung zu machen. Vielleicht ergeben die Videoaufnahmen ja doch noch was, meinen sie. Wir vermuten, dass die bisher noch nicht gesichtet wurden, in der Hoffnung keine Bericht schreiben zu müssen. Ich bekomme die Handynummer von dem Polizisten, wo ich mich erkundigen kann, ob sie den Schädiger gefunden haben – und natürlich dürfen wir uns bei allen anderen Problem auf Zypern auch melden. Eins muss man den Polizisten hier lassen – sie sind absolut liebenswert und freuen sich über ein Selfie mit uns!
Wir fahren weiter in Richtung Nordwestküste und gehen in einem indischen Restaurant sehr opulent zum Essen. Das ist einer der Vorteile wenn die Insel von Engländern überlaufen ist – es gibt viele indische Restaurants – Yummie!
Wir beschließen, dass es jetzt Zeit ist in den griechischen Südteil der Insel zu fahren und steuern den Übergang Yesilirmak Crossing an. Kurz vor der Grenze nehmen wir einen Anhalter mit: Diniz aus der Ukrainie, der für sieben Monate unterwegs ist und schon in über 20 Ländern war.
Von den UN-Truppen, die die grüne Zone an der Waffenstillstandslinie bewachen, sehen wir nicht viel. Der nordzyprische Grenzbeamte kontrolliert unsere Pässe sowie die Fahrzeugpapiere sehr gründlich und fragt, ob wir denn überhaupt in den Südteil dürften. Wir wissen es auch nicht. Ansonsten kommen wir halt wieder zu ihm, das freut ihn.
Weiter geht’s durch die grüne Zone zur nächsten Kontrolle. Die Passkontrolle fällt aus, der Grenzer schickt uns aber sofort zum Zoll, da wir mit dem eigenen Auto einreisen wollen. Die Zöllnerin befragt mich und als ich ihr das am Morgen gebuchte Fährticket zeige, soll ich mit ins Büro kommen. Wir dürfen wohl einreisen, aber das Fahrzeug muss bis spätestens Freitag unbedingt wieder den griechischen Teil verlassen. Dafür bekomme ich ein Formular, das ich bei der Ausreise an der Grenze unbedingt abgeben muss. Sie fragt noch oberflächlich, dass wir ja sicher keine Haustiere dabei hätten – mit Hund oder Katze hätten wir nämlich keine Chance, einreisen zu dürfen.
Als die Formalitäten erledigt sind, fragen wir Diniz, wo er eigentlich hin will, da wir selber noch keinen Plan haben. Er ist wohl die nächste Zeit bei Deutschen in der Nähe der Stadt Polis, wo er auf der Farm gegen Kost und Logis mitarbeiten wird. Wir tun ihm gerne den Gefallen und bringen ihn dort hin. Auf der gut einstündigen Fahrt haben wir uns viele Geschichten von unseren Reisen zu erzählen.
In dem Dörfchen rufen wir seinen Gastgeber Michael an, der kurz danach mit seinem Landrover neben WHATABUS parkt. Auf der Frage nach einem Tipp für die Nacht meint er, dass die Abfahrt zu seiner Farm für unseren Bus leider – gerade jetzt bei dem feuchten Wetter der letzten Tage – zu steil wäre. An der Küste gibt es aber einen Campingplatz und wir verabreden uns für den nächsten Vormittag auf einen Kaffee.
Der Campingplatz ist nicht nur offiziell geschlossen, sondern eine Schlammwüste. Also parken wir neben einer Bungalow-Siedlung am Meer und hoffen auf eine ruhige Nacht.
Übrigens haben wir uns mal wieder einen Steinschlag in der Windschutzscheibe eingefangen – und zwar einen fetten. Der Riss wird auch stetig größer. Naja, solange uns die Scheibe nicht entgegen kommt, ist doch alles super oder? 😉
zur Übersicht: Die WHATABUS-Wintertour 2017/18: Balkan und Kleinasien
Ist ja eine ziemlich abenteuerliche Reise, genießt trotz allem die Sonne, das Meer, das tolle Essen und die Landschaften.
Hallo,
ich denke man sollte nicht einfach das doppelte eines Preises bezahlen. So macht man einfach die Preise kaputt. Man kann ja gerne ein Trinkgeld geben , aber bitte im angemessenen Rahmen.
Ich habe dieses in mehreren Ländern erlebt, dass die günstigen Preise ganz schnell vorbei waren für die Nachkommenden Reisenden.
Es gibt auch low-budget traveller , denen sollte man nicht die Preise kaputtmachen durch so ein unverantwortungvolles Verhalten.
In Indien z.B. kam es vor, dass die Preise sich dadurch innerhalb von 3 Jahren verdreifacht haben, aber logischerweise nur in den Touri-vierteln.
Ich habe einfach keine Lust als 2-beiniges Portemonnaie angesehen zu werden.
lg
Hallo Voyager,
Reisen kostet und wenn ein Dienstleister auf Tour eine tolle Leistung erbringt, dann gebe ich auch gerne ein schönes Trinkgeld.
Wer sich Reisen nicht leisten kann, sollte besser daheim bleiben. Ich sehe deswegen keinerlei Verantwortungslosigkeit in meinem Handeln.
Viele liebe Grüße und genug Geld für Reisen wünscht Dir
Marc
auf einer seite muss ich ihm rechtgeben, wenn ich mit dem gleichen schaden zu ihm komme wird er das doppelte verlangen natürlich
ich auch tip geben so der nächste kommt muss wieder mehr zahlen ist eine schraube ohne ende
ich bzw wir leben in der türkei und habe die erfahrung bzw aussagen von einheimieche wenn immer mehr bezahlt wird verlangen wir eben das nächste mal mehr aus diesem grunde sind die preise in den letzten5jahren um 200proz gestiegen
auch wir fahren mit einem WOMO durch die türkei
weiter hin gute fahrt
gruss stephan
Wenn Ihr so wenig Glauben an das Gute im Menschen habt, steht es Euch frei, kein Trinkgeld zu geben und den Ruf der Deutschen als Billigheimer aufrechtzuerhalten. Aber da der Mechaniker super freundlich und kompetent war, hab ich gerne den für mich bescheidenen Betrag drauf gelegt. Und ich glaube nicht daran, dass er den Preis deswegen anheben wird. Und vielleicht noch ein Wort zur Lage und Art der Werkstatt: Dort wird sich kaum ein Tourist mit eigenem Fahrrad hin verirren. Oder habt Ihr schon vielen Fahrrad- / Wohnmobiltouristen in Nordzypern gehört?
Viele Grüße, mal wieder aus der Türkei ;-),
Marc
Hallo Ihr beiden,
wie gings denn nun aus? Konnte der Verursacher gefunden werden im Nachhinein?
Seid ihr auf dem Schaden sitzen geblieben?
Hallo Katy,
die Tür ist mittlerweile repariert (seit genau einer Woche). Also an dieser Front alles gut.
Die Kids wurden von der Polizei nicht ermittelt – zumindest haben wir nichts gehört. Wir wickeln den Schaden über die Vollkasko ab, bringt zwar eine Hochstufung, aber was soll’s?
Viele liebe Grüße aus dem Bus,
Marc