21. bis 24. Mai 2018
Tag 11: Montag, 21. Mai 2018
Nach dem ruhigen Sonntag (“Pooltag”) auf dem Campingplatz wollen wir uns heute ins Getümmel des Wochenmarkts von Bergama stürzen. Wir stehen also halbwegs früh auf und marschieren nach dem Kaffeetrinken los.
Auf dem Hinweg (einfache Strecke ca. 6 km) laufen wir durch die Innenstadt, kühlen an einer Moschee die Füße ab und kommen dann auf dem Markt an.
Dort gibt’s zum Frühstück Döner Kebap und Köfte im Fladenbrot. Wie wir ja bereits erwähnt haben, ist der Döner Kebap hier ganz anders als in Deutschland, nämlich ohne Soße und ohne Scharf. Aber wenn man das weiß und sich darauf einlässt, kann man den leckeren Geschmack des Fleisches (in diesem Fall Hühnchen) ums so besser genießen.
Auf dem Markt kaufen wir ein paar Klamotten für unsere kleine Nichte Bandita und natürlich ordentlich Obst und Gemüse.
Auf dem Rückweg hab ich einige Kilo im Rucksack zu schleppen – aber dank der vielen kleinen Läden entlang der Straße gibt’s öfter mal gut gekühlte Getränke und ein Eis. Selena verräumt die frischen Lebensmittel und ich lege mich kurz in die Hängematte um etwas zu dösen.
Tatsächlich schlafe ich tief und fest ein, während Selena einen leckeren Obstteller zubereitet. Sie lässt mir aber natürlich was übrig – Glück gehabt!
Den restlichen Tag relaxen und arbeiten wir erstmal vor dem Bus und plötzlich bekommen wir tatsächlich noch mal Nachbarn. Marie-Lou und Giacomo aus der französischen Schweiz sind mit einem genauso großen Kastenwagen wie wir unterwegs durch die Türkei, allerdings nach einigen Wochen auf Tour schon wieder kurz vor der Heimfahrt. Sie haben bisher nur zwei andere ausländische Wohnmobile gesehen und haben großen Nachholbedarf an Kommunikation. Ich darf meine Französischkenntnisse mal wieder auspacken.
Nach der Begrüßung der beiden grillen wir unsere frisch gekauften Leckereien in unserer Außenküche.
Später sitzen wir mit unseren Nachbarn bei einer Flasche Wein zusammen und haben uns viel zu erzählen.
Tag 12: Dienstag, 22. Mai 2018
Sollen wir weiterfahren? Nee… ist doch so gemütlich hier. Wir beschließen, noch einen “Pooltag” einzulegen – nicht nur zum Relaxen, auch zum Arbeiten: ich muss noch die geschäftliche Steuererklärung für 2017 machen.
Also lassen wir uns mal wieder viel Zeit und frühstücken ausgedehnt.
Der Tag geht schneller rum als uns lieb ist, aber wir können alles abarbeiten, was nötig ist.
Am Abend spazieren wir in die Stadt und suchen uns ein leckeres Grillrestaurant und später noch kalorienreiche türkische Nachspeisen. Außerdem sehen wir, wie die Türken ihr Fastenbrechen (Iftar) auf dem Marktplatz feiern, mit unzähligen Tischen, viel Essen und guter Stimmung. Der Start ins Fastenbrechen wird mit einem ordentlichen Kanonenschlag eingeleitet.
Achja, unsere Schweizer haben sich auch für einen ruhigen Tag auf dem Campingplatz entschieden – anscheinend wirken wir ansteckend.
Tag 13: Mittwoch 23. Mai 2018
Heute geht’s aber weiter, Selena drängt auf Aufbruch. Wir verabschieden uns von Marie-Lou und Giacomo, die noch eine Nacht auf dem Campingplatz dranhängen wollen.
Unser nächstes Ziel ist die Stadt Manisa. Wir entscheiden uns für den direkten, kürzesten Weg. Über Izmir würde es auf gut ausgebauten Straßen zwar deutlich schneller gehen, aber wir haben ja Zeit und auf Nebenstraßen sieht man viel mehr Landschaft. Und so ist es auch: die Strecke ist der Hammer. Es geht entlang eines kleinen Flusses immer weiter in die Berge auf über 700 Höhenmeter durch tolle Kiefernwälder (wie ihr sicher schon gemerkt habt, sind das unsere Lieblingsbäume).
Unterwegs muss Selena erst einer kleine Schildkröte ausweichen und dann weicht uns eine Kreuzotter aus, die gerade die Straßen überqueren wollte, sich aber durch einen aufbäumenden Sprung zurück ins Gebüsch vor dem Überfahrenwerden rettet.
Kurz vor Manisa halten wir in einem Köfte-Restaurant: hier wird das Fleisch, das man sich an der Theke aussucht, nach Gewicht abgerechnet und ist superlecker.
In Manisa finden wir im Gewirr der engen und belebten Gassen einen Parkplatz in einem Hinterhof und marschieren los zur Muradiye und Sultan Moschee.
Anschließend stürzen wir uns in die Einkaufsgassen, wo Selena fündig wird und meine Geduld danach mit leckerem türkischen Eis belohnt – das machen wir jetzt öfter statt immer nur Magnum 😉
Mitten in der Stadt leben übrigens viele Hühner auf den Plätzen und ich würde natürlich am liebsten wieder alle einstecken, aber meine Frau ist leider dagegen.
Dann brechen wir auf und fahren nach oben: in den Nationalpark Spil Dagi, der direkt am Rand der Stadt aufragt.
Schnell bringt uns die Straße auf über 1300 Höhenmeter, also 1200 m höher als Manisa und wir haben einen atemberaubenden Blick auf die Stadt.
WHATABUS freut sich, mal wieder schöne Pässe fahren zu dürfen – endlich artgerechte Haltung 🙂
Am Zentrum des Nationalparks gibt es Bungalows (gerade wohl nicht genutzt), Picknickplätze und natürlich Parkmöglichkeiten. Hier wollen wir bleiben. Als wir eine Runde durch das Gelände fahren, hält uns die Gendarmerie (“Jandarma”) an. “You want camping?” Ja. “You can stay, no fire. It’s not for free.” Wo sollen wir denn zahlen? “Someone will come to your car.” Perfekt!
Wir finden einen schönen Parkplatz, wo direkt vor dem Bus Wildpferde auf der Wiese grasen. Was will man mehr?
Achja, die Gendarme halten noch mal bei uns an: “If you have problem, call 112. Ok?” Geht klar! Teşekkür!
Tag 14: Donnerstag, 24. Mai 2018
Die Nacht in den Bergen ist relativ ruhig – nur interne Bandenstreitereien der Wilfdpferde lassen uns ab und zu aufhorchen. Außerdem hören wir ab und zu Hufklappern direkt vor dem Bus – Selena hofft auf neue Mitbewohner.
Am nächsten Morgen halten die potenziellen Mitbewohner aber doch genügend Abstand zu unserem Nachtquartier. Tja, wenn ich keine Hühner bekomme, zieht sicherlich auch kein Pferd in den Bus.
Den Tag starten wir ganz gemütlich und frühstücken noch auf unserem Nachtplatz, bevor wir in Richtung Sardes weiterfahren. Zum Kassieren kommt niemand und auch sonst sehen wir kein Personal in der Anlage. Bei der Abfahrt entscheiden wir uns für eine kürzere Nebenstraße, die größtenteils als unasphaltierte Piste gut 1.000 Höhenmeter nach unten geht – sehr beeindruckend!
Zurück im Tal geht es erstmal durch eine riesige Baustelle – eine vierspurige Straße wird in die Landschaft geklatscht – und dann weiter in die Stadt Turgutlu. Dort füllen wir unseren Tank auf – das erste Mal seit Bulgarien, wir machen also offensichtlich nicht übermäßig viel Strecke in den letzten Tagen. Der Liter Diesel kostet 5,18 Türkische Lira; da die Lira in den letzten Tagen noch mal ordentlich an Wert verloren hat, kostet der Liter Diesel also deutlich unter einem Euro. Tee gibt’s natürlich kostenlos zum Tanken.
Kurz danach wollen wir in einem Einkaufszentrum noch Manti (türkische gefüllte Pasta) kaufen. Wir landen erst mal im Klamottenladen, trinken dann noch gemütlich Kaffee und essen leckeren türkischen Nachtisch und kaufen im Supermarkt ein.
Zurück am Bus haben wir natürlich alles außer die gewünschten Manti – vergessen! Egal, weiter geht’s nach Sardes, eine bedeutende Stadt in der Antike, heute nur noch ein größeres Dorf.
Die Ausgrabungen rund um die Badeanstalten am sog. Gymnasium sind sehr beeindruckend. Der Baustil ist etwas anders, als man von anderen antiken Stätten gewohnt ist, da die Reste größtenteils aus spätromanischen Epochen sind. Besonders beeindrucken uns die Mosaike in der Synagoge und das riesige Portal des Bads.
Wir sind, wie so oft, ganz alleine auf dem Gelände unterwegs.
Ein Stück entfernt ist der Tempel der Artemis – der größte seiner Art in der Antike, leider aber nie ganz fertiggestellt. Die beiden Säulen, die heute noch in den Himmel ragen, stehen seit über 2.000 Jahren, sie sind nie zusammengebrochen.
Paradox ist, dass die Archäologen zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit einem Zug einen Kran angekarrt haben, der 5 Tonnen heben kann – die antiken Baumeister haben es damals beherrscht, einen 23 Tonnen schweren Stein auf 18 m hohe Säulen zu legen.
Am Eingang gibt es Wasserhähne und wir füllen den Tank von WHATABUS auf. Da hält ein Motorrad neben uns und wir werden auf Deutsch angesprochen: Ibrahim (“Achim”) hat über 25 Jahre in Deutschland gearbeitet und ist zur Rente wieder in seine Heimat zurückgekehrt. Er freut sich, dass wir seine Region besuchen. Da wir Hunger haben lotst er uns zum Pide-Restaurants einen Freundes und wir setzen dort unser Gespräch fort. Das Essen ist sehr lecker und das Gespräch total nett.
Dann setzt ein Gewitter ein, die Temperaturen lagen heute auch deutlich über 30 Grad. Der Blitz schlägt irgendwo im Dorf ein: Stromausfall. Wir verabschieden uns von Ibrahim und fahren weiter in Richtung Berge. Auf Google Maps haben wir uns den Boz Dag als nächstes Ziel ausgesucht.
Unterwegs beginnt es zu regnen – höchste Zeit, die Natur ist schon ordentlich ausgetrocknet.
In Serpentinen geht es nach oben auf über 1000 Höhenmeter ins Dorf Bozdag. Für die Nacht hab ich die Talstation des Skilifts ausgespäht. Also geht es vom Dorf weiter nach oben auf einer Piste, die gerade komplett neu aufgebaut wird, so dass teilweise noch Kieshaufen auf der Straße liegen und Selena groben Steinen ausweichen muss. Da es schon dunkel ist, profitieren wir von der hellen LED-Bar vorne, die wir letztes Jahr als Zusatzbeleuchtung auf den Bus gebaut haben.
Oben kommen wir dann auf über 1500 Höhenmetern bei ein paar Häusern an. Die Temperatur ist mittlerweile auf gerade mal 12 Grad gefallen. Laut kläffende Hunde begrüßen uns und wir werden aus einem Haus neben dem Parkplatz am Straßenrand, den wir uns ausgesucht haben, mit einem Scheinwerfer angeleuchtet. Zwei Männer kommen raus zu uns. Schnell tippe ich in den Google-Übersetzer: “Dürfen wir heute Nacht hier parken?” – OK, no problem! Händeschütteln und tschüss. Wir sind gespannt, wie die Gegend morgen bei Tageslicht aussieht.