9. bis 10. Januar 2020
Tag 22: Donnerstag, 9. Januar 2020
Trotz des Frusts vom Vortag konnte ich nachts bestens auf meinem Campingplatz Agricampeggio Capo Scalambri in Punta Secca an der Südküste von Sizilien schlafen. Ich stellte mir den Wecker extra früh, allerdings kann ich von meinem Platz aus den Sonnenaufgang nicht sehen – aber dafür hab ich dann umso besseren Blick zum Sonnenuntergang 😉
Das Wetter war auch endlich wieder besser – zum Kaffeetrinken setzte ich mich vor den Bus in die Sonne und machte mein Rad startklar – es sollte auf Asphalt gehen, also ließ ich die Laufräder mit den dünnen Rennradreifen drauf. Ich startete nach Marina di Ragusa: schönes Städtchen, das muss ich mir noch mal in Ruhe anschauen.
Auf der Suche nach einem Geocache landete ich in einem kleinen Naturschutzgebiet mit Aussichtsturm über die Küste – den Cache fand ich zwar nicht, aber der Abstecher hatte sich gelohnt.
Ich ließ mich weiter von Geocaching leiten und bog ins Landesinnere auf eine gut 200 m hohe Hügelkette ab. Dort war im 2. Weltkrieg eine ganze Reihe von Bunkern gebaut worden. In einem fand ich das Döschen.
Von den Hügeln rollte ich auf müllgesäumten Nebenstraßen nach Santa Croce Camerina, wo ich Mittagspause machen wollte.
Die Suche nach einem gemütlichen Restaurant oder einer Pizzeria war mal wieder vergebens. Eine Bäckerei bot immerhin warme Gerichte an. Aber: alles auf Einweggeschirr, selbst der Espresso kam im Plastikbecher. So gut es geschmeckt hat, aber ich kann es mit meinem Gewisschen nicht vereinbaren, dort noch mal hinzugehen.
Auf der Rückfahrt zum Agricampeggio Capo Scalambri machte ich noch einen kleinen Umweg nach Punta Braccetto, das nur ca. 5 km entfernt ist. Dort befinden sich drei Campingplätze, die das ganze Jahr geöffnet haben, die ACSI-Karte akzeptieren und mir von vielen Überwinterern empfohlen worden waren. Dort hätte man sein eigenes Klo und Dusche – was ich mir natürlich direkt am geräumigen Stellplatz vorstellte. Außerdem erwartete ich bei drei geöffneten Campingplätzen dort Restaurants und Läden in Betrieb.
Ich bog in den ersten Platz (“Coralli”) ab und war schockiert, wie eng die Camper da standen. Laut Homepage kann man sich hier sogar an die Satelliten-Anlage des Platzes anschließen – wow! Was mich neben den dicht aneinander stehenden Wohnmobilen und Wohnwagen noch wunderte, war die Ghetto-Bildung: auf einer Fläche standen die ganzen deutschsprachigen Überwinterer, auf der anderen die Italiener. Richtigen Meerblick hat hier fast keiner der Plätze.
Auch auf den Plätzen “Scarabeo” und “Luminoso” sah es nicht viel besser aus. Man steht dicht aneinander gedrängt unter Holzkonstruktionen, die im Sommer Schatten spenden sollen. Immerhin gibt es hier in der vorderen Reihe ein paar Plätze mit Meerblick.
Achja, die eigenen Klos und Duschen sind natürlich nicht direkt an den Stellplätzen: man bekommt einen Schlüssel und hat dann in den zentralen Sanitärgebäuden einen eigenen Raum.
Und dann machte ich mich auf die Suche nach Supermarkt und Gastronomie und fragte auch Camper vor Ort in Punta Braccetto. Nein, es ist nichts auf. Mir wurden die gegrillten Hähnchen am Spar-Supermarkt in Santa Croce Camerina empfohlen. Will hier denn keiner die leckere italienische Küche genießen??? Ich glaub, hier kocht Mutti das mitgebrachte Sauerkraut, dazu Frankfurter aus dem Glas. Nein, hier wollte ich nicht “überwintern”…
Dann hatte ich noch einen “Zwischenfall” mit Hunden, den ich Gottseidank aus etwas Entfernung beobachten konnte. Zwei Spaziergänger jeweils mit mehreren Hunden an der Leine und ein paar freilaufende Hunde machten Terror: die Hunde gingen sich an. Einer der Spaziergänger wurde von den Hunden förmlich mitgerissen und musste sich an einem Straßenschild festhalten, um die Hunde zu halten und nicht umzufallen. Da war nicht mehr wirklich viel Kontrolle. Und ich hatte Angst, gleich in der Mitte des Dogfights zu landen und als Kollateralschaden gebissen zu werden.
Merke: Morgen das Tierabwehrspray mit zum Radeln nehmen und zwar griffbereit.
Zurück nach gut 40 km gemütlicher Tour auf meinem deutlich ruraleren Campingplatz kühlte ich meine Füße im Meer und genoss eine ausführliche Dusche – das Wasser wird hier mit der Kraft der Sonne erwärmt, wunderschön angenehm.
Zum Abendessen gab es den letzten Rest Brot, dazu Käse und Schinken. Ich muss jetzt dann endlich wieder mal einkaufen gehen! Und der Sonnenuntergang war ganz toll.
Später machte ich mir als Nachtisch oder Abendsnack noch frische Maronen bzw. Esskastanien im Omnia (hier geht’s zum Rezept).
Tag 23: Freitag, 10. Januar 2020
Morgens schien die Sonne wieder richtig schön, aber so richtig warm fand ich es nicht. So setzte ich mich mit einem Fachbuch vor den Bus in die Sonne und arbeitete.
Gegen Mittag radelte ich dann bewaffnet mit Tierabwehrspray los – ich hatte mir den Ort Scicli als Ziel gesetzt.
Hin ging es im Landesinneren auf einer kleinen Straße – landschaftlich genial, aber auch hier viele der Buchten und Einfahrten komplett voll mit abgelagertem Müll.
Ich hatte aber nette Ausblicke und viele Zuschauer entlang der Strecke: Kühe in Weidehaltung.
Nach 30 km Fahrt und einigen Höhenmetern kam Scicli in meinen Blick: die Lage war ja schon mal toll.
Im schönen Stadtzentrum machte ich mich auf die Suche nach etwas zum Essen, tatsächlich hatte Gastronomie geöffnet, zum Teil Hipster-Läden mit Burger.
Leider waren alle Terrassen im Schatten. Also entschied ich mich für ein sehr nobles Restaurant, wo man drinnen sehr gemütlich im Warmen sitzen konnte. Ich entschied mich für ein Arancino (ein typisch sizilianischer, gefüllter und fritierter Reisball) in einer Käsesoße und danach Pasta mit Speck und einer Soße aus grünen Bohne, darauf ein Parmesan-“Cracker”. Voll lecker…
Gestärkt musste ich dann auf der Heimfahrt etwas Gas geben, um noch bei Helligkeit wieder “nach Hause” zu kommen. Der Rückweg führte mich entlang der Küste durch die Orte Donnalucata und Marina di Ragusa. Die Radtour kam so auf gut 55 km bei gut 700 Höhenmetern – so langsam steigere ich mich.
Am Campingplatz kam gerade ein Schweizer Kastenwagen an – in einer Facebook-Gruppe hat ich ihnen diesen Platz empfohlen.
Zum Abendessen machte ich mir Pfannkuchen, während draußen die Sonne unterging (für die Pfannkuchen gibt es natürlich auch ein Rezept in der WHATABUS-Bordküche).
Nachdem ich heiß geduscht hatte, wurde der Rest des Abends zum Arbeiten genutzt.
Wie Ihr vielleicht merkt, ist meine Stimmung wieder besser – ich werde erstmal auf Sizilien bleiben und hier hoffentlich in den nächsten Tagen noch viele so landschaftlich schöne Radtouren machen können – vorausgesetzt, das Wetter wird nicht wieder schlecht.
Mit dem Campingplatz Agricampeggio Capo Scalambri hab ich auch ein Basislager gefunden, wo ich mich wohlfühle.
Die Hunde nerven mich etwas, noch viel mehr der Müll überall in der Landschaft. Aber das muss echt in den meisten Gegenden der Insel so schlimm sein – rund um meinen Platz der ersten zwei Wochen in Sant’Alessio Siculo (hier gibt es Infos zu diesem Campingplatz La Focetta Sicula) herrschte wohl echt eine Ausnahme. Warum es so schlimm ist, werde ich versuchen, in der nächsten Zeit mal herauszufinden. Es ist ja nicht ein bisschen Müll, der beim Fahren einfach aus dem Auto geworfen wird; es sind wirklich einfach volle Müllsäcke, die am Straßenrand abgelagert werden.
Hi Marc,
wir haben Sizilien ebenfalls sehr ähnlich empfunden. Der Müll überall ist grausam. Allerdings scheint sich die Situation schon seit Jahren zu verbessern. Sowohl Einheimischer als auch regelmäßige Besucher berichten dass es vor 10 Jahren noch viel schlimmer war. Auch wenn das kaum vorstellbar ist habe ich dennoch Hoffnung für Sizilien.
Sardinien war wohl vor 20 Jahren am selben Punkt angelangt. Hat aber die Kurve bekommen. Der Anfang war dort auch die Mülltrennung sowie ein Umdenken der Bevölkerung und sensibilisierung schon in der Schule.
Hoffen wir also dass diese wirklich schöne Insel die Kurve bekommt.
PS: Schau dir unbedingt Ragusa und seine auf einem Hügel liegende Altstadt an! Auch Selinunte fanden wir toll.
Hallo Michael,
ich hab gehört, dass es eher schlimmer wird im Moment. Wie geschrieben versuche ich vor Ort mal zu recherchieren, woran das liegt. Das sind ja nicht einfach Unachtsamkeiten, sondern massive Ablagerungen von teils sogar getrenntem Müll.
Mülltrennung wird übrigens allerorten betrieben – auf dem Campingplatz musste ich jetzt sogar extra unterschreiben, dass ich trenne.
Ja, ich hoffe auch für die Insel, dass es besser wird!
Ragusa steht natürlich noch auf dem Plan, ein paar Höhenmeter extra mit dem Bike, auf die ich mich schon freue! Und in den Westen der Insel will ich ja auch noch.
Liebe Grüße aus Punta Secca,
Marc
Hallo Marc,
Wir sind jetzt in Enna, ein sehr schönes “sauberes” Städtchen. Da kann man es aushalten. Versorgungsstation gibt es auch. Am Friedhof kann man “ruhig” schlafen. Fahrrad fahren kannst Du hier auch, hoch und runter, es sind einige Höhenmeter. Die Aussicht ist grandios. Freilaufende Hunde haben wir noch nicht gesehen. Viel Spaß noch beim Reisen. Heute früh etwas frisch…3 Grad aber ☀️
Hallo Jens,
ah, in Enna, daran kann ich mich von der Vorbeifahrt letztes Jahr erinnern. Ja, da kann man Höhenmeter machen, das kann ich mir gut vorstellen. Aber wahrscheinlich ist es recht kühl, so weit in den Bergen im Landesinneren, oder täusche ich mich da (hoffentlich)?
Liebe Grüße auch an Deine Ines,
Marc
Lieber Marc,
die Müllsituation auf Sizilien hat sich nach unserer Beobachtung verschlimmert. Im Oktober 2015 war das fast kein Thema, im Herbst 2019 fing die wilde Müllentsorgung kurz hinter Palermo, wie du schilderst, in jeder Kurve an. Hintergrund sind wohl zwei Entwicklungen, wie uns geschildert wurde: Einerseits die Durchsetzung der Mülltrennung auch mithilfe von Mülltonnen, die nur per Code und somit kostenpflichtig zugänglich sind; andererseits die gestiegene Armut in Süditalien (Süditalien haben wohl seit der Finanzkrise 2008 mehrere hunderttausende Menschen verlassen), weshalb die Menschen ihren Müll auf den Landstraßen statt in die gebührenpflichtigen Tonnen entsorgen. Aus der Presse kennt man die Müllprobleme aus Neapel, Rom und anderen Städten, und es scheint nicht nur ein Organisationsproblem zu sein. Vielleicht findest du mehr raus; viele Camper die wir trafen, hat das Thema beschäftigt.
Zu Punta Braccetto wollte ich anmerken, dass es dort einen kleinen Laden gibt mit allem, was notwendig ist, und lecker belegten Brötchen. Du findest ihn an den Campingplätzen vorbei nach der Brücke rechts rein. Auf die Campingplätze kommt morgens zweimal der mobile Bäcker, ebenso mehrfach die Woche ein Fischhändler sowie ein Gemüsehändler. Auch hatte im Oktober tageweise eine Pizzeria geöffnet, in der wir aber nicht waren. Wir fühlten uns, kombiniert mit einem Einkauf in Santa Croce Camerina, sehr gut versorgt. Die privaten Waschhäuser sind übrigens, so fanden wir das, toll, auch wenn man vom Platz ein paar Meter laufen musste. Noch schneller waren wir am Strand, der im Oktober herrlich zum baden einlud.
Weiterhin schöne Tage in Punta Secca, Ragusa (dort finden sich leckere, auch nicht touristische Restaurants wie Da Luigi) und anderswo.
Sebastian
Hallo Sebastian,
ja, ich hab auch den Eindruck, dass es schlimmer ist als letztes Jahr, vor allem da es echt immer wieder komplette Müllladungen sind, die alle in Säcken verpackt worden waren, zum Teil sogar getrennt. Das mit den kostenpflichtigen Trennsystemen kann eine gute Erklärung sein, ich hab gestern in Punta Secca so eine Station gefunden, die wohl erst vor ein paar Monaten in Betrieb gegangen ist. Und die Mülltonnen auf dem Platz hier (mittlerweile auch strikte Mülltrennung), sind von vor dem Tor nach drinnen gewandert.
Das Thema beschäftigt hier auch jeden Reisenden, den ich treffe.
In Punta Bracetto sind die von Dir genannenten Läden leider jetzt im Winter zu, ich hab es extra bei dem Laden mit den belegten Brötchen probiert – chiuso. Die Pizzeria hat jetzt im Winter auch nur als Bar geöffnet (der Espresso da war gut), aber gekocht wird nichts jetzt in dieser Jahreszeit. Der mobile Bäcker kommt eigentlich auch nach Punta Secca zu mir auf den Platz, da bin ich mit der Rezeption dran, dass er wieder kommt. Er streikt wohl schon die letzten zwei Wochen.
Nach Ragusa will ich definitiv noch, wird eine schöne Radtour, wo es erst mal permanent hochgeht, aber vollgefressen kann ich mich dann nach Hause rollen lassen (so ist zumindest der Plan 😉 ).
Liebe Grüße vom Capo Scalambri,
Marc