19. bis 20. April 2019
Tag 116: Karfreitag, 19. April 2019
Da wir so weit im Osten immer noch in der osteuropäischen Zeitzone sind, fangen die Tage früh an und hören aber auch früh auf. Deswegen beschlossen wir, nach zwei Nächten auf dem Campingplatz am Vansee den Wecker auf kurz nach 7 Uhr zu stellen und schafften es sogar aufzustehen. Wir tranken auf unserem Campingplatz noch Kaffee, füllten unseren Wassertank und bezahlten die Nächte und das selber gebackene Brot beim Chef, dann machten wir uns auf den Weg.
Kurz nach der Abfahrt, hielten wir an einem gut sortierten Obst- und Gemüsemarkt und kauften komplett plastiktütenfrei ein! Wir waren stolz auf uns, der Kampf gegen die Plastiktüten ist ein harter, aber meist gewinnen wir ihn. Diesmal sind wir nämlich gleich mit unserer Gemüsekiste in den Laden und haben direkt alles da rein gelegt – die Plastiktüten hatten keine Chance!
Bevor wir in die Großstadt Van fuhren, legten wir noch einen Abstecher ostwärts in die Berge ein. Zuerst ging es nach Çavuştepe zu einer urartäischen Festung aus dem 8. Jahrhundert v.Chr.. Dort waren wir nicht mal alleine, ein Bus mit einer türkischen Touristengruppe stand schon da. Der Busfahrer machte übrigens das selbe Bild von uns und seinem Bus.
Von der Anlage ist nicht übermäßig viel erhalten, aber die freigelegten Grundmauern lassen die damalige Burg erahnen. Und die strategische Lage auf einem Bergrücken, der die umliegenden Täler und Berge überblickt, wurde uns von oben auch ganz gut klar.
Weiter ging es nach Güzelsu zur nächsten Burgruine: Hoşap, eine kurdische Burg aus dem 17. Jahrhundert. Für unser spätes Frühstück parkten wir unten im Dorf und genossen den tollen Blick auf die große Ruine.
Als wir dann sahen, dass die Tourigruppe von eben vor uns Richtung Burg abbog, wussten wir, dass wir wohl auch näher hinfahren konnten. Und tatsächlich, wir fuhren mit WHATABUS auf den Burgberg bis direkt vors Eingangstor und konnten die Festungsreste ganz alleine besichtigen. Die Touristen im Bus waren wohl woanders hingefahren.
Auf der Landkarte hatte ich noch einen gut 20 km entfernten Pass auf über 2.700 m entdeckt, der Pass Güzeldere Geçiti soll auf 2.730 m üNN liegen, das GPS zeigte aber schon 2.780 m an (per Spraydose hatte das auch jemand auf einem der Schilder auf der Passhöhe schon korrigiert).
Der Pass wird wohl bald zur Nebenstrecke verkommen, wird gerade unter dem Bergmassiv ein Tunnel gebaut, um die Strecke in Richtung Grenzübergang in den Iran bei Esender / Serow noch besser auszubauen. Aber auch schon jetzt ist die Strecke ganzjährig befahrbar (Wintersperren sind auf den Durchgangsstrecken in der Türkei unbekannt).
Der Ausblick von hier oben war auf alle Fälle gigantisch!
Von der Passhöhe fuhren wir wieder zurück an den Vansee, um noch in der Stadt Van einen Stopp einzulegen. Das Wetter wurde leider nicht wirklich besser.
Dort fuhren wir zur Festung (Van Kalesi), die auf einem Felsen direkt über dem Vansee aufragt. 1915 wurde die komplette Stadt Van im Kampf zwischen Osmanen und Russen so stark zerstört, so dass sie einige Kilometer entfernt wieder aufgebaut wurde.
Rund um den Burgberg sind deswegen in den Brachflächen nur noch ein paar Ruinen der ehemaligen Stadt zu sehen.
Der Aufstieg auf die Burg war unsere Tageswanderung, der Blick von oben über Stadt, Flughafen und See beeindruckend.
Auf der Weiterfahrt in Richtung Doğubeyazıt hielten wir noch an den Wasserfällen bei Muradiye. Über eine stark schwankende Hängebrücke (aber technisch vollkommen ok!) gelangt man zu den Aussichtsdecks auf die Wasserfälle, die gut mit Wasser gefüllt waren.
Schon beim Aussteigen am Parkplatz fielen uns die Jungs auf, die von einer größeren Touristengruppe Geld zugesteckt bekamen und dann fotografiert wurden. Das war seltsam. Wie schon zu erwarten, wurden wir auf dem Rückweg über die Brücke auch angebettelt. Wir gaben nichts und sie verfolgten v.a. Marc bis an die Bustüre. Selena hatte gesehen, dass sie zuvor das Geld der Touristen an ältere Jungs mit Moped gegeben haben, die daraufhin schnell abbrausten. Ob das Geld tatsächlich einen guten Zweck verfolgte oder für Zigaretten und Bier drauf ging, blieb unklar. Diese Situationen erlebten wir seit Urfa öfter, wir hatten zuvor auch schon darüber gelesen, aber es dann selbst zu erleben, war unschön.
Es ging weiter immer näher an die Grenze zum Iran. Auf den Bergrücken konnte man die Grenzposten gut erkennen. Und die Straße führte auch immer weiter nach oben, die Passhöhe lag auf über 2.600 m üNN.
Die Landschaft war mal wieder besonders eindrücklich.
Richtig bizarr wirkte ein gut 100 Jahre alter Lavafluss, der scharfkantig und noch dazu nur wenig schneebedeckt war. Wie ein Drachenrücken schlängelte er sich durch die karge Berglandschaft.
Wieder mal waren wir fasziniert, wie schnell sich die Landschaft verändert.
In Doğubeyazıt durchquerten wir das unschöne Zentrum und fuhren zu den Campingplätzen rund um den osmanischen Ishak-Pascha-Palast. Wir parkten am “Murat Camping”, wo in der Gaststube zwar einige Kellner und Gäste waren, der Chef Murat aber nicht. Er wurde angerufen und wollte gleich kommen. Ein Gast bat uns an seinen Tisch, wir tranken viele Tassen Tee, die Kellner bereiteten für uns frische Pommes und es wurde viel geraucht, was Selena nicht übermäßig freute, will sie doch möglichst jeden unangenehmen Geruch aus unseren Klamotten und somit aus WHATABUS fernhalten – aber was soll’s. Unser Tischherr bestand darauf, unser Essen zu bezahlen. Murat kam, hieß uns willkommen und wir sollten uns einfach einen Platz aussuchen. Wir verabschiedeten uns früh in unser warmes Bettchen.
Tag 117: Samstag, 20. April 2019
Wir wachten morgens auf und es hatte nachts geschneit. Es war eisig kalt draußen.
Die armen Enten und Hühner hatten auch sichtlich mit der Kälte zu kämpfen.
Wir liefen in der Kälte zum Ishak-Pascha-Palast und betraten die imposante Anlage durch das Haupttor.
Der Palast aus dem 18. Jahrhundert war von den Grundmauern her noch komplett erhalten, nur das originale Dach fehlte und war durch eine neue Konstruktion ersetzt worden.
Von mehreren Höfen aus kommt man in verschiedene Räumlichkeiten.
Besonders beeindruckend fanden wir den Haremsbereich mit Hamam und Küche.
Durch die offenen Fenster sahen wir sogar unseren WHATABUS in der Ferne.
Zurück am Bus fütterten wir die Hühner, Enten und Gänse des Campingplatzes noch mit altem Brot. Da sie so zerrupft aussahen, schnitten wir ihnen sogar noch ein großes Stück von unserer Wassermelone auf.
In Doğubeyazıt kauften wir in einer Bäckerei frisches Brot und Simit (Sesamkringel), bevor wir rund ums Massiv des wolkenverhangenen Ararat (genau, der biblische Berg mit der Arche Noah) weiter in Richtung Grenzgebiet zu Armenien fuhren.
Wir waren ja eigentlich davon ausgegangen, in Doğubeyazıt ein paar Overlander auf dem Weg in den Iran zu begegnen – das ist die Hauptroute über die Türkei. Aber außer zwei Fahrradfahrern, die wir am Ortsrand überholt hatten, waren uns keine begegnet.
Die Landschaft war beeindruckend, wir fuhren ständig in ca. 2.000 m Höhe.
Am Ortsrand von Igdir machten wir an einer Tankstelle einen Stopp, um dem Bus mal wieder eine Wäsche mit dem Dampfstrahler zukommen zu lassen und zu frühstücken. Diese Werkstatt repariert wohl “Volksvagen” und “Mersedes”, wie auch unschwer an den selbstgemalten Logos zu erkennen – sehr nett!
Während wir gemütlich frühstückten, drehten ein paar ausgebüchste Ponies eine Runde durch die Tankstelle, zwei schwerbewaffnete Jungs polierten ihren Landcruiser und sogar die Polizei fuhr mit Blaulicht in die Waschanlage.
An diesem Tag mussten wir viele Kontrollposten der Jandarma passieren und auch öfter unsere Pässe vorzeigen. Auch einen Blick in unseren Bus warfen die Soldaten hin und wieder. Aber als Wohnmobilisten waren wir immer direkt unverdächtig.
Ein Tagesziel waren die Ruinen von Ani, direkt an der Grenze zu Armenien. Wir fuhren auch schon so nah an der armenischen Grenze entlang, dass wir die Wachtürme der Armenier auf dem Berg erkennen konnten. Und das Handy buchte sich auch schon ins armenische Netz ein.
Für den kürzesten und schnellsten Weg mussten wir von Süden kommend auf eine Schotterpiste abbiegen. Da Ani seit 2016 dem Welterbe der UNESCO angehört, baut man wohl eine breite Straße auch von dieser Seite aus dorthin. Die Piste war also größtenteils schon breit planierte Trasse, allerdings noch ohne festen Belag und hatte unter dem Winter leicht gelitten. Die Wäsche für WHATABUS hätten wir uns zwar sparen können, aber wir kamen trotzdem nach 30 km rütteliger Fahrt gut in Ani an.
Wir konnten direkt vor der Ausgrabung parken und gingen durch die Stadtmauer in das riesige Areal. Wir entdeckten direkt wieder bettelnde Kids, die aber diesmal recht zurückhaltend waren und uns selbstgehäkelte Topflappen anboten.
Die Stadt Ani lag an der Seidenstraße und hatte ihre Blütezeit vom 10. bis zum 13. Jahrhundert.
Sie war eine Hauptstadt der Armenier und hat deswegen viele Kirchen, u.a. die ca. aus dem Jahr 1000 stammende Kathedrale.
Aber nicht nur historisch bedeutsame Kirchen findet man in Ani, auch die noch recht gut erhaltenen Überbleibsel der ersten islamischen Moschee auf anatolischem Boden.
Die Stadt war von mehreren Erdbeben heimgesucht worden, zuletzt im Jahr 1988, die die Kathedrale und andere noch stehende Gebäudereste schwer beschädigt hatten.
Direkt am historischen Gelände verläuft in einem Fluss die Grenze zwischen der Türkei und Armenien. Auf armenischer Seite konnten wir einige Wachposten erkennen, bei denen (so weit wir das erkennen konnten) die armenische und die russische Flaggen wehten. Bei einer Recherche konnte ich herausfinden, dass bereits Lenin einen Vertrag abgeschlossen hatte, dass bis zum Jahr 2044 russische Soldaten für die Armenier die Grenze zur Türkei bewachen – interessant.
Bei der Weiterfahrt überquerten immer wieder wagemutige Kühe direkt von uns die Straße und zwangen Selena zu Vollbremsungen und Ausweichmanövern. Oder wie hier, musste man einfach mal ein paar Minuten warten, bis die Kühe in den Stall getrieben wurden.
Nächster Stopp sollte die Stadt Kars werden, die laut Wikipedia armenischen, russischen, britischen und türkischen Baustil vorweisen soll, da sie in der Hand aller genannten Nationen war. Im Zentrum konnten wir aber keinen rechten Charme erkennen und fuhren nur durch.
In Richtung Erzurum versuchten wir ein Restaurant samt Platz für die Nacht zu finden, was sich aber recht schwierig gestaltet. Über eine lange Strecke gab es keinerlei Infrastruktur. Die Landschaft war halbwegs abwechslungsreich, es gab zur Abwechslung sogar mal wieder Bäume und sogar ein Skigebiet, aber alles wirkte trotzdem recht trist auf uns.
Im Dorf Pasinler ein paar Kilometer vor Erzurum fanden wir schließlich ein Restaurant, wo wir aßen und auch für die Nacht parken durften.
Danke für die vielen Bilder und den interessanten Bericht. Diese Gegend werden wir wohl nie „erfahren“!
Alles Gute auf eure Reise aus der Schweiz
Liebe Mariann,
danke für Dein nettes Feedback! So weit ist es nicht hierher, das wäre sicher auch für Dich machbar!
Liebe Grüße aus Rize,
Marc und Selena
Hallo ihr 2 ,
euren Beitrag habe ich mal wieder “verschlungen” !
Tolle Fotos , schön geschrieben !
Das betteln ist uns auch gehörig auf den Geist gegangen,die Gegend ab Urfa ist dafür bekannt.
Wir haben Leute getroffen die mit Steinen beworfen wurden,bei uns haben Kinder das auch versucht.
Weiterhin eine gute Reise.
Grüße Reinhold
Hallo Reinhold,
das freut uns sehr, dass Dir unsere Beiträge gefallen. Bis Urfa hatten wir echt Ruhe vor den bettelnden Kindern – und ganz ehrlich hat es uns bis dorthin auch besser gefallen, als die Gegend, die danach kam. Wobei wir dort dann aber auch mit dem Wetter nicht so viel Glück hatten. Beworfen wurden wir gottseidank nicht.
Viele liebe Grüße aus der Türkei,
Marc und Selena
Congratulations for your blog
I am following your trip with great interest
You are really hard and systematic workers-writers 😉
Hi
Armenia looks to be an interesting country… Did you scape to visit Armenia due to insurances or legal reasons. I think Visa is not required for EU citizens
I am preparing our next long trip including Turkey, Iran, Georgia, Azerbaijan and Armenia, and I’m gathering information about these countries
Have a good and safe trip
Hi Frago,
Armenia is a very interesting country, indeed. We went there last winter for a few days, but this trip we wanted to spend more time in Turkey.
More information and reports about Armenia can be found here in our magazine: https://www.whatabus.de/ausfluege-und-touren/armenien-mit-dem-wohnmobil-laenderinfos-und-tourberichte/
Enjoy your trips!
Marc
Thanks Marc for feedback
You mention liability policy in your report for Armenia and other taxes but nothing about the camper so, should I understand the normal policy insurance of the camper is enough, despite the green card is not valid in Georgia and Armenia, or do you had some extra in camper policy that allow you to drive in these countries without a complementary insurance ?
Thanks again and havea safe trip-live
At the border you need to buy insurance and pay eco taxes for the car, which is the campervan.
Our German insurance can be expanded for non-European countries for the time of travel at certain low costs. Officials at the border of course are not interested that we theoretically have a coverage for Armenia already, you always have to buy the insurance (as far as we know).