11. bis 14. Februar 2019
Tag 49: Montag, 11. Februar 2019
Selena war schon ganz aufgeregt, dass es endlich mal wieder aufs Pferd gehen sollte (am Vortag waren wir auf dem Pferdehof Morgenstern angekommen, die für den Winter Reiter suchten, die die Pferde bewegen sollten). Aber der Traum wurde schnell zerschmettert: die Chefin Susi teilte ihr gleich morgens mit, dass sie schon am Vortag beim Gespräch beschlossen hatte, dass das nichts für Selena sei. Außerdem rechneten sie mit einer Reiterin, die, verständlicherweise, sehr zeitintensiv mit den Pferden arbeitete und das auch nicht nur für ein paar Tage. Schade, aber was soll’s! Wir entschieden uns trotzdem, nicht gleich abzureisen und stattdessen einen Arbeitstag einzulegen – das Wetter war an diesem Tag eh leicht wechselhaft und unser Planungsbüro freute sich, wenn wir mal wieder fleißig sind.
Wir saßen also den ganzen Tag an den Notebooks bis spät in die Nacht. Zwischendurch kocht ich uns ein Zwei-Gänge-Menü: Büffelmozzarella mit Tomaten als Vorspeise und frische Pasta mit Hühnchen und Fenchel als Hauptgericht.
Tag 50: Dienstag, 12. Februar 2019
Nach dem Kaffeetrinken bezahlten wir für die zwei Nächte auf dem Campingplatz des Pferdehof Morgenstern (hier findet Ihr mehr Infos zu diesem Campingplatz) und fuhren los in Richtung der höchsten Berge von Sardinien. Das Wetter war fabelhaft.
Kurz vor Nuoro war Stau auf der Schnellstraße: Wieder hatten die sardischen Bauern die Straße blockiert und aus Protest gegen die niedrigen Preise Milch auf die Straße geschüttet. Die Carabinieri waren auch vor Ort, sogar Beamte in Kampfmontur mit Helmen standen bereit, den Protest zu räumen. Alles verlief aber friedlich.
Am Stadtrand von Nuoro wurden wir von der Polizei angehalten und gefragt, ob wir Milch an Bord hätten. Anscheinend befürchtete die Polizei, dass mit Kastenwägen weitere Milch zu den Protesten angeliefert würde. Beim Weiterfahren warnte uns der Beamte nämlich auch noch vor den Demonstrationen in der der Innenstadt. Wir fuhren jedoch nur zum Einkaufen an den Stadtrand und blieben deshalb von weiteren Blockaden verschont.
Als erstes Ziel im Gebirge hatten wir uns das Rifugio Bruncu Spina gesetzt. Unterwegs hielten war am Ortsrand von Fonni, das höchste Dorf auf Sardinien, an einem einsamen Restaurant, vor dem viele Autos geparkt hatten. So viele Gäste können sich doch nicht täuschen, dachten wir uns. Und so war es dann auch. Der Kellner erklärte uns, dass es ein lokales Menü mit gemischten Vorspeisen samt Aufschnitt, zwei verschiedene Pastagerichte und irgendwelches Fleisch vom Grill samt Wein und Wasser für 30 € pro Person gäbe. Wir schauten uns die Karte gar nicht mehr an, sondern orderten direkt die Empfehlung – die richtige Entscheidung.
Selena hatte die schwere Aufgabe, den Wein alleine zu trinken: eine ganze Flasche am hellichten Mittag auf nüchternen Magen. Sie wurde der Aufgabe aber gerecht!
Das Menü wurde übrigens regelrecht zelebriert und dauerte auch sehr lange. Da versteht man, warum die Italiener von 13 bis 17 Uhr für die Mittagspause brauchen. Das Essen war wahnsinnig gut – genauso wie Selenas Wein.
Wir zweigten auf der Weiterfahrt von der Hauptstraße zum Rifugio Bruncu Spina ab, wo ein Skigebiet bis auf 1.800 m Höhe sein sollte. Ab gut 1.400 m lag immer mehr harter, gefrorener Schnee an den schattigen Stellen auf der Straße.
Auf ca. 1.500 Höhenmetern war es dann so weit: Wir blieben in einer total vereisten Spur hängen. Da halfen nur noch Schneeketten. Aber gar nicht so leicht, die aufzuziehen, wenn man sich im gefrorenen Schnee festgefahren hat. Zum ersten Mal kam unser Bundeswehrspaten zum Einsatz.
Selena übernahm doch noch mal kurz das Steuer, während ich die Ketten aufzog und sie dirigierte. Aber sie war mir volltrunken in ihren Flipflops im warmen Bus lieber als draußen im Eis.
Nach kurzem Hin und her kamen wir wieder raus. Und hey! Was ist eine Wintertour ohne Schneeketten?
Von den Bergen hatten wir noch nicht genug, also steuerten wir die nächste Stichstraße an. Wieder hatten wir eine kurze Straßenblockade, aber diesmal waren es nur die Tiere der Milchproduzenten und keine Demonstranten.
Auf der nächsten Stichstraße nach Su Filariu lief es besser und wir kamen ohne großen Schnee auf der Straße zu einem Parkplatz auf knapp 1.400 m Höhe, wo wir einen wunderbaren Sonnenuntergang hatten und beschlossen, die Nacht dort zu verbringen.
Tag 51: Mittwoch, 13. Februar 2019
Nachts war die Temperatur einige Grade unter den Gefrierpunkt gefallen, am Morgen weckte uns die warme Sonne. Wir tranken ganz gemütlich Kaffee und gingen ein bisschen in der näheren Umgebung spazieren.
Danach wollten wir weiter zu ein paar Empfehlungen fahren, der Nuraghe Ardasai und der Felsformation Perda e’Liana, Luftlinie gerade mal ca. 20 km entfernt. Das Navi zeigte auf der schnellsten Route eine Fahrstrecke von knapp 100 km an. Wir entschieden uns für die kürzere Route, immer noch über 70 km. Aber wir hatten die Rechnung nicht mit den sardischen Straßen gemacht: auf dem kürzesten Weg hätten wir mindestens 20 Kilometer auf ruppiger Forstpiste fahren müssen, die wirklich grob war (und wahrscheinlich auch wieder in verschneite Höhen geführt hätte). Auf einer Alternativstrecke kamen wir auch nicht weit: ab ca. 1.000 Höhenmetern war sie an schattigen Stellen total zugeschneit. Wir mussten also bei allen Versuchen umdrehen.
Unterwegs war die Straße auch ständig von Kühen belagert, die wohl den ganze Winter auf über 1.000 Höhenmetern in den Bergen bleiben.
Wir beschlossen, in Richtung Süden zu fahren. Somit mussten wir auch auf Arbatax und die Ostküste verzichten. Die Fahrt zog sich durch die Berge aber trotzdem ewig hin und Selena kutschierte uns tapfer mit ihrem Kater die Straßen entlang.
Unterwegs machten wir einen Abstecher nach Tuili, wo ein Stellplatz sein sollte. Der war auch noch da, allerdings reichlich vernachlässigt, wahrscheinlich nicht mehr in Betrieb. Auch das Dorf wirkte teils gespenstisch, nur Protesttransparente für die Milchbauern hingen an den Häusern.
Wir fuhren also weiter, bis uns in Narcao ein Wegweiser zu einem Wohnmobilstellplatz quasi abfing. Der Stellplatz liegt am Rand des Dorfs an einem großen Picknickplatz und wir beschlossen, dort zu bleiben.
Im Ort hofften wir auf eine geöffnete Pizzeria oder ein Restaurant, so machten wir uns dorthin zu Fuß auf. Aber die Bevölkerung hatte sich wohl den Protesten der Milchbauern angeschlossen, indem sie ihre Geschäfte geschlossen ließen.
Also ging es zurück zu unserem Parkplatz, wo wir kochten. Es gab einen Meeresfrüchtesalat als Antipasto, frische Tagliatelle mit Tomate als Primi und Kalbsschnitzel Natur mit gebratenen Austernpilzen als Secondi.
Tag 52: Donnerstag, 14. Februar 2019
In Narcao hatten am Morgen die Bäckerei und der Metzger gottseidank nicht wegen Streik geschlossen, so konnten wir ein paar frische Sachen kaufen. Unterwegs fütterte ich noch zwei dicke, niedliche Hühner mit unseren Resten vom Abendessen. Die haben sich gefreut!
Wir fuhren weiter in Richtung Küste und überquerten die Brücke auf die Insel Sant’Antioco.
Um später den Sonnenuntergang genießen zu können, steuerten wir direkt die Westküste der kleinen Insel an. Selena hatte auf dem GoogleMaps-Luftbild den Strand Cala Lunga entdeckt, wo es allerdings recht schwefelig roch als wir dort ankamen. Selena drehte eine Runde über den Parkplatz bis ganz nach vorne und da passierte es: Beim Wenden versank WHATABUS im Sand.
Wir versuchten noch alles für uns mögliche mit Spaten (schon wieder im Einsatz!) und Slipmats, aber da half nichts mehr. Wir saßen bis zur Achse im Sand fest.
Also marschierten wir los, um Hilfe zu organisieren. Nach ein paar Kilometern Fußmarsch fanden wir ein Haus, wo ein Auto parkte und ein Hund wachte. Wir klopften und nach ein paar bangen Minuten öffnete uns ein älterer Mann die Tür. Ich erklärte in meinem gebrochenen Italienisch und mit einem Foto auf dem Handy, dass wir Hilfe brauchten. Als erstes wurden wir ins Wohnzimmer gebeten und auf die Couch gesetzt (Ist es erwähnenswert, dass Selena Angst hatte, wir wären bei einem Serienmörder gelandet?). Wir wurden mit Wasser und Schokolade versorgt und dann machten wir uns auf den Weg. Das Auto, das vor der Tür parkte, blieb stehen. Stattdessen ging unser Helfer zu einer Garage mit einem Traktor. Wir sollten schon mal zu Fuß in Richtung Strand laufen.
Der Traktor war ein langsames, kleines Ungetüm, erst kurz vor dem Strand überholte er uns.
Wir holten sofort unser Abschleppseil raus und hängten an. Aber der Traktor grub sich auch ein.
Dann kam plötzlich ein tiefergelegter Fiat auf den Parkplatz, ein junger Mann mit Zigarette im Mund stieg aus und kam sofort zur Hilfe gerannt. Wir zogen, schoben und schaufelten gemeinsam.
Nach einigen bangen Minuten war es endlich geschafft und der Bus stand wieder auf festem Boden. Unsere beiden Retter wollten sich sofort aus dem Staub machen, aber schnell holten wir noch eine Flasche Wein (von meinem Vater selbstgemacht) und bedankten uns vielmals. Das war ja gerade noch mal gut ausgegangen.
Übrigens: unsere “Bergungsausrüstung” haben wir ganzjährig an Bord und sind sehr froh darum! Ein richtiges Abschleppseil*, Slipmats*, gute Schneeketten* und der kleine Klappspaten* halfen uns wirklich schon oft aus der Patsche. Egal wo und zu welcher Jahreszeit – besser ist es, auf alles vorbereitet zu sein.
An dem Strand wollten wir nicht bleiben, abgesehen vom Gestank erinnerte uns das tiefe Loch im Sand nur an unser Missgeschick.
Ich knipste noch schnell ein Erinnerungsfoto vom schönen, aber schwefelig stinkenden Strand und weiter ging`s.
Wir fuhren ein paar Kilometer an der Küste entlang und fanden etwas erhöht an der Steilküste einen tollen Platz (wo auch nicht die Gefahr bestand, dass wir wieder im Sand versinken könnten).
Wir setzten uns vor den Bus, um endlich zu frühstücken.
Den Rest des Tages entspannten wir uns in der Sonne – was für abenteuerliche Tage hier auf Sardinien! Langweilig wird es uns sicher nicht.
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Hallo Marc,
jetzt mal ein ernstes Wort von Mann zu Mann:
Wie konntest Du nur Selena so im Stich lassen ? Eine Flache köstlichen Wein ganz allein.
Ehrlich gesagt, ich hätte meiner Frau in der Lage auf jeden Fall geholfen !
Abgesehen davon, wieder eine tolle Tour von Euch. Zudem sehr interessant und kurzweilig geschrieben. Ich verfolge Euch, mit viel Freude. Macht so weiter.
Hallo Hermann,
muss man als Mann denn Alkohol trinken? 😉
Aber jetzt auch mal von mir im Ernst: ich trinke schon seit vielen Jahren keinen Alkohol mehr, das war immer ein ungutes Verhältnis zwischen dem Alkohol und mir. Und angetrunken setzen wir beide uns auch nie hinters Steuer – da sind wir ganz üble Spießer.
Aber in dieser Selena hat Selena den Wein echt genossen, war es einfach ein köstliches Haus-Tröpfchen. Und wir hatten beide auch so richtig viel Spaß an diesem chaotischen Tag.
Viele liebe Grüße, mittlerweile von Malta,
Marc