Tag 8: Dienstag, 25. September 2018
Nachdem wir am Vorabend an unserem Nachtplatz bis spät in die Nacht gearbeitet hatten, schliefen wir erst mal aus und kamen auch nicht so recht in die Gänge trotz Kaffee.
Während Selena noch arbeitete füllte ich den Wassertank mit der Gießkanne an der Wasserstelle auf dem Picknickplatz.
Am Picknickplatz war das Dorf “Sisquer y Sorribes de la Vansa” mit einer Touriinfo angeschrieben. Wir fuhren dort hin, weil wir uns mehr Einblicke in diese recht unbekannte Region der Pyrenäen wünschten und auch auf eine Bäckerei oder einen kleinen Supermarkt im Dorf hofften. Die Info war aber geschlossen, so wie auch das Dorf so ziemlich ausgestorben war. Vor dem Rathaus stieg ein Einheimischer aus seinem Pickup aus und wir fragten ihn, wo man den frisches Brot bekäme. Er musste schmunzeln und begann eine Konversation in bestem Englisch mit uns. Die nächsten Läden sind ein ganzes Stück entfernt, er lebt ganz einsam ein paar Kilometer entfernt und kommt nur hierher ins Rathaus, um Internetzugang zu haben. An seinem Haus ist nämlich überhaupt kein Internetempfang möglich.
Wir fuhren also weiter und versuchten es noch im nächsten größeren Dorf “Tuixent”, einen offenen Laden oder ein Restaurant zu finden. Aber auch hier Fehlanzeige, genauso an der Hütte auf dem folgenden Pass Coll de Port (1.680 m), die eigentlich nur im Mai geschlossen sein sollte.
Wir beschlossen also, uns etwas zu kochen und fuhren dafür vom Coll de Port weiter nach oben auf knapp 2.000 m ins Nordische Skigebiet Tuixent – La Vansa. Dort gab es dann Bratkartoffeln mit spanischen Bratwürsten und Zucchini. Gut, dass wir am Vortag in Andorra eingekauft hatten.
Außerdem buken wir uns selber Focaccia, damit wir am Abend dann zumindest Brot hätten. Das Rezept dafür hatten wir gerade bei Dorreens Kastanienblau entdeckt.
Wir bekamen Besuch von einem hungrigen Kater, den wir mit Käse fütterten und den Selena auf den Namen Monsieur Col (Herr Pass) taufte.
Es war bereits später Nachmittag als wir zu einer Wanderung nach “Pat Llong”, eine sehr lang gezogene Wiese unter dem Gipfel Tossa Pelada, aufbrachen. Monsieur Col lief uns brav hinterher, aber irgendwann wurde ihm die Wanderung doch zu lange und er kehrte um. Ob wir ihn wohl nochmal sehen?
Auf Forstwegen ging es nach oben und wir sammelten dabei auch ein paar Geocaches ein.
Auf dem Weg nach unten hatten die Betreiber des Skigebiets für die Loipen ganz schön heftige Schneisen in den Wald geschlagen. Die Piste mag im Winter mit viel Schnee echt toll sein, aber jetzt so ohne die weiße Pracht, sieht man mal, was der Wintersport mit der Natur so anstellt.
Zurück am Bus parkten wir um zu einer nahe gelegenen Alm, die wegen Urlaub geschlossen war.
Von dort hatten wir einen tollen Blick auf den Sonnenuntergang. Die Kühe zogen auf ihrer Weide direkt an uns vorbei und auch der Kater Monsieur Col kam ganz hungrig wieder und wurde noch mal richtig gefüttert. Für ihn gab es unser trockenes Baguette eingeweicht in warmer Milch – das war ruckzuck aufgegessen!
Wir genossen das Focaccia mit leckeren französischen und spanischen Käsesorten und arbeiteten noch, bevor wir ins Bett gingen.
Tag 9: Mittwoch, 26. September 2018
Der Wecker klingelte uns früher als gewohnt aus dem Bett: da wir am Vortag gerade mal 30 Kilometer mit WHATABUS gefahren waren, sollte heute etwas mehr Strecke gemacht werden.
Beim Öffnen der Schiebetüre stand natürlich Monsieur Col schon auf der Trittstufe und miaute kläglich, weil er wohl knapp vor dem Verhungern war.
Also wurde der hungrige Kater nochmal ordentlich gefüttert und wir genossen beim Kaffeetrinken den Blick ins Tal.
Vom Langlaufskigebiet fuhren wir wieder ab zum Coll de Port und nahmen kurz danach die Abzweigung ins alpine Skigebiet Port del Comte auf ca. 1.700 m.
Dann kamen wir auf den Col de Jou (Solsonès), wo auf der Passhöhe in 1.480 m tatsächlich ein Kreisverkehr auf uns wartete – und natürlich ein Wahnsinnsbergpanorama.
Der Col de Jou ist eher nicht als steile Passstraße zu bezeichnen, sondern als langgezogene Bergstraße, die unter diversen Steinmassiven immer wieder tolle Blicke und eine beeindruckende Streckenführung bietet.
An einer der Steilwände beobachteten wir große Greifvögel (Geier oder Adler?) mit dem Fernglas in der Thermik gleiten.
Irgendwann kamen wir dann wieder im Tal an, fanden in Organyà endlich Geschäfte und kauften frisches Gebäck ein, so dass wir in der Auffahrt zum nächsten Pass (Port del Cantó, 1.725 m) frühstückten. Der Pass war nichts Spektakuläres, recht breite Straße ohne wenig Charme (da waren wir von den Pässen abseits der Hauptreiserouten schon verwöhnt).
Über den Ort Sort ging es dann auf den Port de la Bonaigua (2.072 m), der die Wasserscheide zwischen Atlantik und Mittelmeer bildet.
In den Spitzkehren warteten wieder viele freilaufende Pferde darauf, fotografiert zu werden.
Durch das Val d’Aran fuhren wir wieder in Richtung der französischen Grenze, um diese auf dem Grenzpass Col du Portillon zu überqueren: mit 1.294 m zwar nicht besonders hoch, aber wunderschöne Spitzkehren in einem Waldgebiet.
Wie die Tour de France-Profis in diesem Jahr fuhren wir von der Passhöhe runter in den Ort Bagnères de Louchon, passierten die Stelle, an der Adama Yates, der Führende der Etappe, kurz vor dem Ziel stürzte und deswegen den Tagessieg an Julian Alaphilippe abgeben musste und nur Dritter wurde (ich langweile Euch wahrscheinlich mit meinen Tour de France-Geschichten).
Da wir noch zwei weitere Pässe an diesem Tag vor uns hatten, machten wir in dem schönen Thermenort keinen Stopp und nahmen gleich den Anstieg auf den Col de Peyresourde (1.563 m) in Angriff.
Und von dort ging es nur kurz runter nach Aranvielle und dann schon wieder den nächsten Pass rauf: Col de Val Louron-Azet (1.580 m).
Bei bestem Wetter hatten wir von oben schon einen guten Blick auf unser Etappenziel Saint Lary-Soulan.
Dort checkten wir auf dem Campingplatz “Le Rioumajou” mit der ACSI-Camping Card* ein und bekamen ein Plätzchen direkt am rauschenden Fluss.
Auf Kochen hatten wir keine große Lust und gingen deswegen in ein Restaurant in der Nähe und ließen uns dort als einzige Gäste das opulente 3-Gänge-Menü schmecken.
Tag 10: Donnerstag, 27. September 2018
Das Flussrauschen bescherte uns eine ruhige Nacht und wir trödelten am Vormittag gemütlich rum. Das Baguette und die Croissants, die wir uns an der Rezeption bestellt hatten, schmeckten vorzüglich auf unserer sonnigen Frühstücksterrasse.
Fürs Abendessen bereitete ich schon mal einen Eintopf vor.
Erst am späten Nachmittag kletterten wir auf die Mountainbikes in Richtung Skistation Pla d’Adet (1.680 m). Den Anstieg und die Hotels konnten wir schon von unserem Bus auf dem Campingplatz sehen. Die Tour de France war dort auch dieses Jahr hochgefahren, hatte allerdings ein paar Kilometer vor dem Pla d’Adet eine Abzweigung nach rechts genommen und bis auf 2.215 m auf den Col de Portet geführt. Das zu schaffen, wäre zwar schön, aber unrealistisch.
Die ersten Rampen hatten es in sich, teilweise über 12 % Steigung und dabei knallte die Sonne ordentlich auf uns.
Wir brauchten auch ein paar Pausen im Anstieg. Einmal gab es auch einen Bach zur Abkühlung.
Oben angekommen nach 900 Höhenmetern Anstieg hatten wir vorbei an den Kabeln der Seilbahn einen Blick nach unten ins Tal und auf unseren Campingplatz.
So wunderschön die Gegend rund um den Skiort ist, der Skiort selbst ist keine Augenweide. Aber im Winter mit einer dicken Schicht Schnee, sieht das sicher auch wieder anders aus.
Bei der Abfahrt hatte ich an den schluchtartigen Abbrüchen direkt am Straßenrand etwas mit meiner Höhenangst zu kämpfen. Aber wir kamen gut unten an.
Ordentlich hungrig waren wir froh, dass der Eintopf so gut wie fertig war und wir schnell essen konnten. Müde, satt und ein bisschen stolz ging es auch recht bald ins Bett.
Tag 11: Freitag, 28. September 2018
Wir standen früher als am Vortag auf und frühstückten wieder in der Sonne.
Während Selena am Notebook in CAD arbeitete, ließ ich unseren Mountainbikes ein bisschen Pflege zukommen. Die hinteren Bremsbeläge musste ich nach der Abfahrt vom Vortag an beiden Bikes mal wieder wechseln.
Und dann ging es wieder los aufs Rad: diesmal auf den Col de Val Louron-Azet, den wir auf der Anfahrt nach Saint Lary schon mit WHATABUS überquert hatten. Es lief von Anfang an recht gut, wir hatten keinen Muskelkater vom Vortag und meisterten die gut 800 Höhenmeter bis zur Passhöhe (1.580 m) ganz ordentlich.
Auf halber Höhe hatten wir einen perfekten Blick auf unsere gestrige Strecke. Wow, wenn man sich das von weitem anschaut, glaubt man fast nicht, was man alles schaffen kann!
Wir brauchten heute sogar viel weniger Pausen und mussten auch nicht ständig im ersten Gang radeln. Der Blick von oben war toll!
Und dann ging es auch schon wieder zurück in Richtung Campingplatz. Unten angekommen machten wir noch einen Stopp am Carrefour-Supermarkt und kauften uns einen Becher Eis – den hatten wir uns heute mehr als verdient.
Zum Abendessen gab es dann von unserer Außenküche mal wieder eins unserer Standard-Rezepte: Bauernpasta – davon müssen wir wohl endlich mal ein Rezept in unserer Rubrik Bordküche schreiben!
Den Rest des Abends verbrachten wir mit Arbeit und Planung für die nächsten Radtouren. Achja, auf dem Campingplatz fühlen wir uns ganz wohl, hier bleiben wir noch ein bisschen, zumindest so lange das Wetter noch so gut ist.
*Mehr Details zu unserer Kooperation mit ACSI könnt Ihr hier nachlesen.
Euer Bericht und die beeindruckenden Fotos machen richtig Lust, auch einmal diese Gegend zu besuchen. Wenn wir uns allerdings vermutlich auch nicht zutrauen, alle Pässe mit dem Kawa (6 m) zu befahren.
Hallo Susanne,
mit einem 6 m-Kastenwagen sollten auch für Euch alle Pässe, die wir bisher gefahren sind, problemlos möglich sein. Auf so ziemlich jedem Pass haben wir deutlich größere Fahrzeuge als uns getroffen – Teilintegrierte, Alkoven, Integrierte, Reisebusse, LKWs etc.
An jedem Pass steht unten eigentlich dran, wer hoch darf bzw. wo die Grenzen in puncto Länge, Breite, Höhe oder Gewicht liegen.
Kommt unbedingt mal in die Pyrenäen. Gerade jetzt in der Nebensaison ist es hier traumhaft ruhig.
Viele Grüße aus Frankreich,
Marc und Selena