24. bis 26. Februar 2019
Tag 62: Sonntag, 24. Februar 2019
Nachts war unser Bus ordentlich durchgeschüttelt worden, aber wir hatten keinen Schaden genommen. Selena hatte uns auf einen echt sicheren Platz navigiert (hier lest Ihr mehr dazu im vorherigen Bericht). Der erste Blick aus dem Fenster war noch relativ harmlos, “nur” ein paar Gartenstühle flogen durch den Park.
Aber als Selena sich morgens auf den Weg von unserem Parkplatz, der ein paar Meter von der Hafenfront entfernt war, machte, konnte sie einige Sturmschäden begutachten: die Wellen hatten Boote vom Hafenbecken auf die Straße befördert, kleine Boote waren mit Wasser vollgelaufen, Bäume umgeknickt und die Straßen von den Wellen total überspült worden. Die Bäckerei (hier heißt sie “Pasticceria”) hatte aber geöffnet und verkauft ihr einiges an Käse gefülltem, nicht kalorienarmen Gebäck – mit einer deutschen Bäckerei hat das wenig gemein, aber probieren musste man es mal.
Wir machten dann zusammen vom Bus einen Spaziergang entlang des Hafens nach vorne ans Meer zu den Salinen, wo ich ja am Vorabend noch im extremen Sturmwind den Wassertank mit der Gießkanne aus der öffentlichen Toilette gefüllt hatte. Die Wellen waren selbst im geschützten Hafen noch extrem und die Gischt spritzte bis auf die Straße.
Nach vorne ans offene Meer kamen wir aber erst gar nicht, der Wind war so stark, dass wir nicht dagegen anlaufen konnten. Genau dort standen noch ein paar Wohnmobile und hofften nicht umgeweht zu werden.
Vielleicht habt Ihr ja die Berichte im Internet oder Fernsehen gesehen, dass in Malta aus einer vom Sturm zerstörten Fischfarm die Fische ans Land gespült wurden. Fische hatten wir zwar nicht gefunden, aber immer wieder quietschte es unter unseren Schuhen, wenn wir aus Versehen auf Quallen traten, die überall auf dem Gehweg lagen.
Wir beschlossen, den restlichen Tag auf unserem Parkplatz zu bleiben, das war wohl der sicherste Ort, den wir in dem Moment hatten.
Wir arbeiteten also ein bisschen an den Notebooks und abends machten wir uns noch mal auf den Weg in den Hafen, um uns etwas zum Essen zu organisieren. Wir landeten wieder im Chick King, dem Produzenten unseres Hochzeitstagsessens und nahmen uns fettige Sachen aus der Friteuse mit in den Bus.
Wir schauten noch ein paar Serien, bis wir uns nach Mitternacht auf den Weg zu unserer gebuchten Fähre von Grimaldi Lines in den Hafen machten. Auf einem Schiffstracker hatte ich zwar schon gesehen, dass “unser” Schiff von Salerno aus noch nicht mal Catania auf Sizilien erreicht hatte, aber wir wussten es ja nicht sicher. Unterwegs kamen wir an zahlreichen umgestürzten Bäumen, abgerissenen Ästen und Stromkabeln, zerstörten Reklametafeln und eingestürzten Mauern vorbei.
Im Hafen angekommen informierte uns der Torwächter, dass in der nächsten Zeit sicher keine Schiffe auslaufen würden und wir uns am nächsten Morgen doch mit der zuständigen Agentur in Verbindung setzen sollten. Wir hatten im Internet auch gesehen, dass die Schnellfähre von Virtu Ferries definitiv für Sonntag und Montag gestrichen worden war, also saßen wir erst mal auf Malta fest.
So fuhren wir ein paar Meter in die nächste Siedlung und parkten mit genug Abstand zu ein paar Bäumen am Straßenrand.
Tag 63: Montag, 25. Februar 2019
Wir wurden schon sehr früh vom dichten Berufsverkehr geweckt, noch dazu streifte ein ausparkendes Auto ganz leicht unsere Plastikverkleidung (aber alles gut!). Da wir ja wussten, dass wir noch mindestens diesen Tag auf der Insel bleiben mussten, fuhren wir zum nächsten Lidl zum Einkaufen. Telefonisch erfuhr ich von der zuständigen Agentur, dass die Passagierfähre von Grimaldi nach Catania erst wieder in einer Woche fahren würde. Also mussten wir auf die Schnellfähre von Virtu Ferries ausweichen, wenn wir nicht noch eine Woche bleiben wollten (ich hatte keine große Lust, ich wollte unbedingt nach Sizilien, um dort endlich ein bisschen zu relaxen; Selena sah das nicht ganz so kritisch wie ich).
Nach dem Einkaufen fuhren wir an die Südküste zur Blauen Grotte und waren erstaunt, wie harmlos dort das Meer schon wieder wirkte – so als ob nie ein Sturm gewesen wäre. Dort wollte ich mich erst mal um die Fährtickets kümmern. Unsere Tickets für die gestrichenen Grimaldi-Fähre hatte ich über Directferries gekauft. Die Hotline wunderte sich über meinen Anruf zwecks Rückerstattung, würde die Fähre doch erst genau in einem Monat fahren. Da hatte ich im Stress am Samstag, als ich vermeintlich endlich eine noch nicht gestrichene Fähre gefunden hatte, doch tatsächlich fürs falsche Datum gebucht – sehr ärgerlich!
Auch die Buchung bei Virtu Ferries über deren Webseite klappte nicht, da ich kein Wohnmobil auswählen konnte. Aber die Hotline war sehr freundlich und so buchte ich per Telefon unsere Tickets für ca. 210 € – erstaunlicherweise gab es noch für die erste wieder verkehrende Fähre am Dienstagmorgen um 5 Uhr Platz für WHATABUS und uns.
Wir erkundeten also die Umgebung der Blauen Grotte, allerdings kommt man direkt dort hin nur per Boot. Diese fuhren natürlich wegen dem Sturm nicht. Am öffentlichen WC organisierten wir noch Wasser, wobei uns die nette Putzfrau dort half.
Ich war zwar nicht ganz so happy, dass sie mit ihrem nicht hundertprozentig sauberen Eimer Wasser für unseren Kanister anschleppte, aber der Wille zählte ja bekanntlich. Das Wasser würden wir nur im größten Notfall in den Tank füllen. Das maltesische Leitungswasser war übrigens ohnehin das schlechteste Wasser, welches wir je getankt hatten.
Auf der Suche nach einem Frühstücksparkplatz fanden wir doch noch eine Klippe, von der wir einen Blick auf die beeindruckende Blaue Grotte erhaschen konnten.
Die weitere Suche nach einem gemütlichen Platz an der Südküste, um dort den Tag zu verbringen, war erfolglos, da diese Gegend fast nur aus hässlichen Industriegebieten besteht. Deswegen beschlossen wir, schon früher nach Valletta zu fahren, um die Altstadt zu besichtigen. Am Kreuzfahrthafen durften wir auf einem offiziell bewachten Parkplatz den Bus abstellen. Der Parkwächter war sehr freundlich zu uns und verlangte die 3,- Tagesgebühr.
Los ging’s zu Fuß in die Altstadt: wir schlenderten durch schöne Gassen, vorbei an beeindruckenden Gebäuden, über belebte Plätze mit meist bestens renovierten Gebäuden und einigen geschmackvollen modernen architektonischen Werken.
Valletta gefiel uns sehr gut, konnte aber mit dem morbiden Charme von Palermo nicht mithalten, wirkte es doch an vielen Ecken einfach zu hip durchgestylt. Die Läden waren größtenteils internationale Ketten. Aus und vor den Cafés schallte unangenehm laute Musik, die uns nicht zum Reinsetzen animierte. Aber wir fanden doch noch ein eher altbackenes Café, in dem wir eine gemütliche Pause machten.
Beim Blick von der Halbinsel, auf der die Hauptstadt liegt, aufs Meer wurde uns schon wieder anders, da die Wellen an der Küste doch noch deutlich stürmischer waren als morgens auf der anderen Seite der Insel. Trotzdem kein Vergleich zu gestern.
Als wir zurück in den Hafen zu unserem Parkplatz kamen, freute sich James, unser Parkwächter, uns wieder zu sehen. Wir hielten einen längeren Plausch mit ihm und erfuhren einiges interessante über seine Zeit bei der Küstenwache, die Mentalität der Malteser und außerdem darüber, dass am nächsten Morgen gleich zwei Kreuzfahrtschiffe erwartet wurden, weshalb wir bis dahin den Parkplatz räumen müssten. Wir versprachen ihm, um halb 3 zur Fähre zu fahren.
Wir gingen die restlichen Meter zum Auto, vor dem ein paar Hafenarbeiter schon Schwimmdecks montierten, an denen eines der Kreuzfahrtschiffe anlegen sollte. Einer der Männer dort grinste uns groß an und kam auf uns zu. Michael hatte WHATABUS schon den ganzen Tag beobachtet und gehofft, sich noch mit uns unterhalten zu können. Er war der Terminalmanager des Kreuzfahrthafens und brauchte ein paar Tipps für seine in ein paar Wochen anstehende Tour mit seinem Range Rover samt Dachzelt nach Italien, Österreich, die Schweiz und Deutschland. Er bot uns gleich an, dass wir an seinem Haus Wasser füllen könnten und er uns noch viele Tipps für Malta geben könnte. Warum macht man so nette Bekanntschaften immer erst am Ende des Aufenthalts?
Zum Abendessen kochten wir mal wieder selber: Caprese mit genialem Büffelmozzarella und dann frische Spaghetti mit angebratenen Austernpilzen.
Da wir am nächsten Morgen schon um 3 Uhr zum Check-in mussten, gingen wir früh ins Bett, um ein paar Serien zu streamen und recht bald zu schlafen.
Tag 64: Dienstag, 26. Februar 2019
Um halb 3 Uhr klingelte uns der Wecker raus. Wir standen schnell auf und ich nahm sofort zwei Tabletten gegen Reiseübelkeit. Pünktlich um 3 Uhr waren wir am Check-in und mussten nur kurz warten, bis wir an Bord der Schnellfähre von Virtu Ferries fahren durften.
Passagiere waren nicht viele an Bord, aber das Fahrzeugdeck wurde gut gefüllt mit LKWs, da ja sturmbedingt schon so einige Fähren ausgefallen waren.
Pünktlich um 5 Uhr legte das Schiff ab und tuckerte noch gemütlich durch den geschützten Naturhafen von Valletta, bevor es Kurs aufs offene Meer nahm und beschleunigte. Mit ca. 55 km/h bewältigte es die knapp 100 km lange Strecke bis nach Pozzallo, so dass wir nur mit leichter Verspätung um 7 Uhr wieder sizilianischen Boden unter den Füßen hatten.
Ich sah die Überfahrt dank der Reisetabletten ganz gelassen und surfte fast die ganze Fahrt am Smartphone im Internet (der Wechsel vom maltesischen ins italienische Mobilfunknetz klappte mit einer ganz kurzen Unterbrechung auf der Hälfte der Strecke). Von Übelkeit keine Spur bei mir. Dafür musste Selena zwischendurch einmal kapitulieren und sich übergeben. Aber danach schlief sie ein und war dann wieder fit.
Vom Hafen in Pozzallo fuhren wir zum nächsten Lidl in Modica, wo wir noch kurz warten mussten, bis der Laden um 8 Uhr öffnete und wir unsere Vorräte aufstocken konnten.
Achja, die Straßen waren endlich wieder deutlich breiter als auf Malta (über die Schlaglöcher sehen wir mal besser hinweg), aber der Fahrstil der Sizilianer ist noch mal eine andere Liga. Wie viele waghalsige Überholmanöver wir auf den wenigen Kilometern miterleben musste, ging auf keine Kuhhaut.
Der Waschsalon in Modica sollte erst um 9 Uhr aufmachen, also fuhren wir schon mal weiter in Richtung es Campingplatzes, den wir uns ausgesucht hatten und an den wir die neue Festplatte geordert hatten. Der Waschsalon in Scicli hatte bereits geöffnet.
Mit ein paar Hausfrauen lieferten wir uns einen kleinen, fairen Kampf um die zwei Waschmaschinen und Trockner. Zwischendurch frühstückten wir im Bus, bevor wir nach knapp zwei Stunden die Wäsche der letzten vier Wochen gewaschen hatten.
In Punta Secca fuhren wir direkt zum Campingplatz Capo Scalambri. Die nette Dame von der Rezeption führte uns übers Gelände und wir durften uns einen Platz aussuchen. Sie war ganz erstaunt und meinte sie hätten noch nie so junge Gäste im Winter gehabt.
Die meisten Wohnmobile (ca. fünf Stück) standen ganz vorne am Meer und wir entschieden uns für den Platz mittendrin und ganz vorne.
Den Rest des Tages machten wir erst mal ganz ruhig. Ich konnte das erste Mal im Jahr 2019 kurze Hosen anziehen. Am frühen Abend spazierten wir ins Dorf Punta Secca in der Hoffnung auf eine geöffnete Pizzeria, dafür waren wir aber noch zu früh dran.
Zurück am Campingplatz kochten wir uns was aus unseren umfangreichen Vorräten – verhungern würden wir hier die nächsten Wochen auf keinen Fall. Beim Essen liefen die Mädels vom Campingplatz mit großen Tüten über den Platz und verteilten diese an alle. Wir waren total überrascht, doch im Winter gehört die wöchentliche und kostenlose Lieferung von selbst angebautem Gemüse zum Service – wow!
Wir freuten uns über frische Tomaten, Auberginen und Zitronen. Der Campingplatz gehört dem Gemüsebauern, deswegen stehen wir quasi mitten in seinen Gewächshäusern. Am Abend ging es ganz früh ins Bettchen, wir waren ziemlich geschlaucht vom frühen Aufstehen.