29. bis 31. März 2018
Gründonnerstag, 29. März 2018
Es ist wieder mal höchste Zeit für uns, auf Tour zu gehen. Viel zu viel haben wir in den letzten Tagen gearbeitet und so ist unsere Wintertour auf den Balkan und nach Kleinasien schon wieder weit nach hinten in den Erinnerungen gerückt.
Also brechen wir auf in den Oberpfälzer Landkreis Schwandorf, wo in den 80er Jahren der Bau der WAA begonnen wurde.
WAA? Was ist das denn?
Nicht jeder kann sich daran erinnern, aber in meiner Kindheit war der Slogan “WAA NEIN” und die massiven Proteste gegen den Bau der Wiederaufbereitungsanlage (WAA) für atomare Brennstäbe in Wackersdorf sehr präsent. Ich wuchs gerade mal gut 20 km Luftlinie von der Baustelle auf. Überall in der Region hatten Gegner den Slogan “WAA NEIN” auf Wände gesprüht.
1985 fiel die Entscheidung, in der Nähe des Oberpfälzer Dorfes Wackersdorf die WAA zu bauen. In der Region war zu der Zeit der Braunkohleabbau wegen erschöpfter Vorräte eingestellt worden. Franz Josef Strauß hoffte, hiermit in einer industriegewohnten Region wieder neue Arbeitsplätze zu schaffen. Der Protest fiel aber massiv aus. Zum Baubeginn im Winter 1985/86 eskalierten die Demonstrationen. Es gab sogar mehrere Todesfälle.
Nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl fand im Juli 1986 das “Anti-WAAhnsinns-Festival” in Burglengenfeld statt – das bis dahin größte Rockkonzert Deutschlands.
Nach jahrelangen Protesten wurden 1989 die Bauarbeiten an der WAA eingestellt.
Erster Stopp auf unserer Tour ist der Lanzenanger in Burglengenfeld, wo 1986 das Anti-WAAhnsinns-Festival stattfand. Heute liegt die Wiese ganz ruhig da und ein Teil ist mittlerweile ökologische Ausgleichsfläche geworden.
Ein Gedenkstein erinnert aber immerhin an das Festival, zu dem ca. 100.000 bis 120.000 Besucher kamen. Wider Erwarten der bayerischen Polizei blieb die Veranstaltung absolut friedlich. Neben vielen anderen Künstlern traten damals hier Udo Lindenberg, Die Toten Hosen, BAP, Rio Reiser, Biermösl Blosn auf.
Anschließend fahren wir zum Steinberger See: Ein riesengroßes Naherholungsgebiet mit mehreren Seen ist hier aus dem Braunkohletagebau entstanden. Es gibt direkt am See zwei Wohnmobilstellplätze. Wir entscheiden uns spontan für den Stellplatz “Wild Wake & Ski”. Der SP am “MovinGround” liegt direkt gegenüber.
Im Sonnenuntergang machen wir noch einen Spaziergang am Ufer und genießen den schönen Ausblick auf den See.
Wir gehen schon recht bald ins Bett zum Serienschauen.
Karfreitag 30. März 2018
Erst als es von der Sonne schon warm wird im Bus, wachen wir auf. Ausschlafen ist einfach was Tolles. Im warmen Sonnenschein frühstücken wir auf der Wiese vor dem Bus, um uns fürs Mountainbiken zu stärken.
Heutiges Ziel unserer Radtour ist der Taxölderner Forst, wo Demonstranten gegen die WAA Protestdörfer im Wald errichteten.
Los geht’s gemütlich entlang des Steinberger Sees und rund um den Knappensee. Unterwegs sehen wir viele Relikte des Braunkohleabbaus.
Dann kommen wir immer näher an das Gelände, wo die Anlage gebaut werden sollte. Vorbei an einer großen Kartanlage kommen wir zum sog. “Kreuz am Roten Kreuz”: Hier befand sich bei großen Demonstrationen eine Sanitätsstation des Roten Kreuzes. Den dortigen Geocache suchen wir leider vergeblich.
Wir radeln weiter durch das Industriegebiet, das auf dem Gelände der geplanten WAA mittlerweile entstanden ist. Der Bau des Brennelement-Eingangslagers ist heute Sitz von Caterpillar.
Im ganzen Gewerbepark hängen Schilder der ansässigen Firmen, die wohl dringend Mitarbeiter suchen. Also wurden hier auch ohne atomare Brennstäbe viele neue Jobs geschaffen.
Im Taxölderner Forst kommen wir zum Franziskusmarterl, wo heute noch mehrmals im Jahr Andachten stattfinden. Jeden Sonntag trafen sich während der Bauzeit hier Gegner zu einem ökumenischen Gottesdienst und zogen danach an den Zaun der WAA.
Besonders beeindruckt uns dort das „Kreuz von Wackersdorf“ von 1986. Nachdem ein geweihtes Kruzifix in einem Protestcamp von der Polizei beschlagnahmt, später zurückgegeben und dann doch noch gestohlen worden war (nur noch die Hände des Gekreuzigten blieben zurück und hängen heute dort an einem Baum), schuf ein einheimischer Bildhauer innerhalb kurzer Zeit ein neues Kreuz. Die Jesus-Figur, die daran hängt, ist irgendwie sehr gruselig, da sie so real und doch verdreht am Kreuz hängt.
Eine Informationstafel gibt die Geschichte des WAA-Baus wieder.
In einem nahe gelegenen Haus hatte der Bewohner damals in den 80er Jahren einen Sarg im Haus stehen – bei einem Ausflug mit meinen Eltern hab ich diesen gesehen, nachdem wir spontan ins Haus gebeten wurden – das vergesse ich wohl nie.
Genug Geschichte für heute… Zeit für den Rückweg auf den Stellplatz, wo wir mittlerweile ein paar Nachbarn bekommen haben.
Zurück am Bus duschen wir in der Wasserski-Station und kochen im Freien an unserer neuen Outdoor-Küche. Fotografieren haben wir mal wieder vergessen… aber bald stellen wir Euch unsere neue Errungenschaft vor.
Abends arbeiten wir noch im Bus, bevor wir ins Bett gehen.
Karsamstag 31. März 2018
Der Samstagmorgen ist eher trübe und wir schlafen ordentlich lange aus, bevor wir unser Lager abbrechen und den Bus startklar machen. Nach einem kurzen Stopp zum Gastanken geht es weiter durch die Oberpfalz.