Die Angst vor Terroranschlägen als Treiber des Booms
Nach Terroranschlägen in touristischen Destinationen und auf Flugzeuge begannen viele Mitteleuropäer ihr Urlaubsverhalten zu überdenken: sie hatten Angst davor, Cluburlaub in der Karibik, Pauschalurlaub in Ägypten oder eine individuelle Rucksack-Tour nach Bali zu machen. Aber wegfahren und etwas erleben wollten ja doch fast alle noch (Deutschland ist schließlich Reise-Weltmeister). Also wich man aufs Wohnmobil aus.
Die Zulassungszahlen sprachen Bände: Jedes Jahr werden noch mal gut 10% mehr Wohnmobile zugelassen als im Vorjahr. Nachlässe bei den Händlern sind kaum noch drinnen und man wartet bei einigen Herstellern weit über ein Jahr auf sein bestelltes Reisemobil.
Zu Hauptreisezeiten sind die Plätze voll: im Sommer bekommt man am Strand ohne Reservierung in vielen Gegenden keinen Platz mehr. Und selbst an den Wochenende bevölkern Wohnmobile die Stellplätze an den Hotspots in Deutschland. Viele planen ihre Tour nach dem Prinzip, zur richtigen Zeit auf einem Stellplatz anzukommen, bevor er dann wieder komplett belegt ist.
Auch das Freistehen stößt ganz klar an seine Grenzen – immer mehr Verbotsschilder werden aufgestellt, weil die Anwohner und Gemeinden einfach die Schnauze voll haben von den Urlaubern, die ihren mitgebrachten Rotkäppchen-Sekt im Wohnmobil schlürfen und Miracoli kochen statt die dortigen Gastronomie-Betriebe zu besuchen – das wäre ja vermeintlich teurer als die Flatrate an der Cocktailbar, das All-inc-Bier am Pool in Malle oder das “All you can eat”-Buffet auf der Dom-Rep.
Kommt es jetzt zu einer Stagnation der Verkaufszahlen durch das Corona-Virus?
Rimini, Bibione und Jesolo samt ihren berühmten Campingplätzen liegen schon zu Beginn der Krise im “Corona-Gebiet” und der gemeine Camper muss erkennen, dass die Idee, statt Cluburlaub in der Karibik mit dem Wohnmobil nach Union Lido zu fahren, sich doch nicht mehr ausgeht.
Schon grassiert bereits zum Ende des Winters in den Gruppen auf Facebook die Panik: Soll ich schon im März meinen für den Sommer gebuchten Platz wieder stornieren?
Grenzen sind wohl für längere Zeit geschlossen, zumindest für Freizeitreisende mit dem Wohnmobil bis auf weiteres nicht mehr passierbar – Schengen-Regelung auf Dauer ade?
Der vermeintliche Gewinn an Individualität und Sicherheit, den man sich durch den Erwerb eines Wohnmobils gekauft hatte, ist also wieder dahin, so sieht es zumindest im Moment aus.
Ein visionärer Ausblick (Achtung: Satire)
Viele der Wohnmobile können oder wollen jetzt nicht mehr reisen und werden zu Dauercampern. Campingplätze haben den Markt erkannt und pflanzen virensichere Hecken um jede Parzelle. Sprengstoffschnüffelhunde sind im Einsatz und Betonblöcke schützen die Einfahrt in den Platz vor Selbstmordattentätern. Aufgrund der ständigen Stromausfälle sind die Camper froh über ihre Aufrüstungen zur Autarkie, ihre Solaranlage. Aufgrund einer drohenden Verdunklung der Sonne ausgelöst durch das wenige Lächeln der in Panik geratenen Weltbevölkerung haben Windräder an Wohnmobilen absolute Hochkonjunktur und bringen mit ihrem Lärm und den Vibrationen die Camper um den Schlaf.
Gut vorbereitete Prepper leben nur noch auf dem Campingplatz und halten ihre Mobile fahrbereit, falls sie flüchten müssen. Außerdem sind viele der Parzellen mittlerweile (mit Wissen und Einverständnis des Platzbesitzers) unterkellert für Vorräte, um monatelang überleben zu können – teils auch mit Atomschutzbunkern.
Nach Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen, Einführung von Passierscheinen sowie Peilsendern an sämtlichen Fahrzeugen sind fast keine Wohnmobile mehr mit einem zugelassenen Gesamtgewicht von 3,5 t unterwegs: jeder der wenigen noch Reisenden hat einen Notvorrat von einer Tonne Mehl an Bord (mittlerweile auch Hefe, nachdem man diese bei den Panikkäufen zur ersten Corona-Welle vergessen hatte). Außerdem haben 99% der Wohnmobile einen Anhänger gefüllt mit Klopapier-Vorräten dabei.