“Was hast du denn da für einen Strumpf an?” Gerade jetzt im Sommer eine Frage, die ich oft höre.
Ja, was habe ich da für einen Strumpf an? Das ist ein Thrombose- bzw. Kompressionsstrumpf. Den kannte ich vorher auch nur von meiner Oma. Thrombose war für mich eh nur für Omas, für Schwangere und für Flugpersonal – auf jeden Fall nix für mich. Doch 2012 erlitt ich eine schwere Lungenembolie und seitdem hab ich sie – die Thrombose: ein Blutgerinnsel, welches sich in meine Hauptvene gesetzt hat und meinen Blutkreislauf lahmgelegt hat – für immer. Das heißt, Strumpf tragen zur Kompression, blutverdünnende Medikamente einnehmen, regelmäßig meinen Quickwert (Verhalten meiner Blutgerinnung) messen und aufpassen, dass ich mich nicht schwer verletze – für immer.
Mittlerweile bin ich absolut routiniert und kann gut mit dem Thema umgehen, aber am Anfang war es hart. Ich hatte sogar Angst Fahrrad, zu fahren (ich könnte ja runterfallen und verbluten..), Auto zu fahren (ich könnte durchs lange Sitzen ja eine neue Thrombose bekommen…) und dann auch noch Reisen? No way!
Aber die Angst ist dein größter Feind, deswegen lautet die Devise – Angriff!
Unsere erste lange Reise (noch ohne Camping) ging nach Südostasien, und das auch noch für knapp 5 Wochen! Das war eine große Herausforderung für mich – 12 Stunden im Flugzeug, unbekannte Kultur, fremde Sprache, ungewohntes Essen (ja, sogar das wirkt sich auf die Blutgerinnung aus), gibt’s da gute Krankenhäuser?
Da ich alle vier Wochen meinen Quickwert messen lassen muss, suchten wir in Singapur ein Krankenhaus auf und ließen Blut abnehmen. Zwei Tage später hatte ich mein Ergebnis auf dem Handy – perfekt!
Bei unserer Kreditkarte ist auch eine Auslandsversicherung dabei, die die Kosten übernommen hat.
Der restliche Urlaub verlief problemlos, bis auf eine schlaflose Nacht vor einem Dschungelausflug in Malaysia, bei dem mich ein Einheimischer vor den Blutegeln gewarnt hatte – Blutegel?! Die saugen mich ja leer, ich werde jämmerlich verbluten! Ich hatte natürlich keine Blutegel (wie auch, mit fetten Thrombosestrümpfen an beiden Beinen, Wanderschuhen bis über die Knöchel und einer festen, langen Jeans). Ich habe geschwitzt wie verrückt bei tropischen 40 Grad, aber keine Blutegel. Das war ein Abenteuer, das ich nie vergessen werde!
Unsere nächste lange Reise ging in die USA. Hier war ich schon entspannter. Der Flug war kein Problem und auch das Quick messen war super easy. Es gab überall Labore, bei denen man sich mit einem vorher online georderten Rezept Blut abnehmen lassen und den Wert online abrufen konnte. Das hat mich begeistert.
Mittlerweile reisen wir fast nur noch mit unserem WHATABUS, aber auch hier muss ich meine Werte kontrollieren. Da wir sehr viel, oft und ab und zu auch lange unterwegs sind, war mir das ständige Aufsuchen von Kliniken, Laboren etc. doch etwas lästig. Mein Hausarzt empfahl mir ein Gerät zur Selbstmessung. Da ich von ihm ein Rezept bekam und an einer speziellen Schulung teilnahm, hat meine Krankenkasse die Kosten für das Gerät übernommen. Den CoaguChek gibt es aber auch ohne Rezept. Wenn wir unterwegs sind habe ich das kleine Täschchen immer dabei.
Temperaturempfindlich sind eigentlich nur die Teststreifen, d.h. 2-30 Grad halten sie aus. Das Gerät funktioniert ähnlich wie bei der Zuckermessung. Ich piekse mir in die Fingerkuppe (das ist das Schlimmste an der Prozedur) und lasse einen dicken Tropfen Blut auf den ins Gerät gesteckte Teststreifen fallen (das ist das Schlimmste für Marc).
Nach ein paar Sekunden erhalte ich meinen Wert – entweder den Quickwert in Prozent oder den INR. Diesen notiere ich in meinen Marcumarpass und stelle dann meine Medikamente entsprechend ein.
Meine ideale Lösung für unterwegs. Und Angst vor langen Reisen, habe ich nicht mehr. Es gibt natürlich ein paar andere Dinge zu beachten. Bei langen Autofahrten nach Möglichkeit das Bein hochlegen. Wenn man nicht, so wie ich, selbst fährt, lässt sich das im Wohnmobil recht gut durchführen. Ansonsten immer kleine Pausen machen und ein paar Schritte laufen.
Viele Camper sind auch sportlich unterwegs und das freut die Beine. Ein Thrombosebein benötigt Kompression, da (in meinem Fall) die Venenklappen ihre Arbeit niedergelegt haben, aber das Blut trotzdem nach oben transportiert werden soll. Dazu sind die Strümpfe da, aber auch Muskeln.
Wir gehen ganz viel Wandern und Radfahren, und ich freue mich über jeden Muskelkater in den Beinen, weil ich weiß dass die Muskeln mein Bein am besten komprimieren. Unsere Bus-Apotheke ist immer gut gefüllt mit Pflastern, Mullbinden und Verbänden. Alles prophylaktisch, aber Sicherheit geht vor. Wenn man dann noch einen Stellplatz an irgendeinem kalten Gewässer hat, sollte man unbedingt “kneippen” gehen. Das regt die Durchblutung an und stärkt zudem das Immunsystem.
Die Thrombosestrümpfe sollte man per Handwäsche reinigen, das klappt auf Tour sowieso gut.
Für mich persönlich ist jede Reisen eine Wohltat für Körper und Seele, egal wie, wohin und wie lange.
“Daheim sterben die Leut!”
Deswegen raus in die große weite Welt, ob krank oder gesund, denn Reisen ist IMMER förderlich!