24. Februar bis 3. März 2020
Tag 67: Montag, 24. Feburar 2020
Am Vorabend war ich auf dem Wohnmobil-Parkplatz von Sambuca di Sicilia angekommen und hatte noch einen Spaziergang in der Altstadt gemacht (hier der Bericht dazu). Beim Aufwachen zeigte sich Sizilien mal wieder von seiner “klassischen” Seite: Müll rund um den Parkplatz.
Mein nächstes Ziel war die Stadt Sciacca. Aber vor der Stadtbesichtigung wollte ich noch eine Werkstatt suchen, um endlich den Bremspedalschalter reparieren zu lassen. Ich fragte mich also durch zu einem “Elettrauto” (einem KFZ-Elektriker). Da dieses Mal tatsächlich nicht der Schalter kaputt war, sondern ein Plastikteil auf der anderen Seite des Bremspedals, entschied sich der nette Mitarbeiter für die sizilianische Methode: in den Schalter wurde ein Löchlein gebohrt und der Schalter einfach mit einer nicht ganz reingedrehten Schraube verlängert.
Anschließend fuhr ich an den Hafen von Sciacca und parkte den Bus. Ich erfuhr, dass der dortige Fasching (es war ja Rosenmontag) wegen eines tödlichen Unfalls bei einem der Umzüge am Wochenende abgesagt worden war.
Ich erklomm die Altstadt, die auf einer Anhöhe liegt, holte mir einen Becher Eis und trank Caffé – alles ganz nett, aber so richtig begeistern konnte mich Sciacca nicht. Außerdem stank es in einigen Ecken gewaltig nach Pisse.
Deswegen machte ich mich recht zügig auf die Weiterfahrt in Richtung Marsala und entdeckte ein Schid zu den Ausgrabungen von Selinunte – die wollte ich mir nicht entgehen lassen. Die Anlage ist so groß, dass man vom Parkplatz am Ticketschalter und nach der Besichtigung der ersten Tempel noch ein ganzes Stück mit dem eigenen Auto in Richtung Meer und an die Akropolis fahren darf.
Anchließend legte ich in Mazara del Vallo noch einen Stopp ein für einen Spaziergang ein
Auf der Weiterfahrt nach Marsala war die Straße wegen Unfall total gesperrt. Alle Autos wendeten, nur der altkluge deutsche Camper mit seinem Kastenwagen dachte, er könnte nach einem Blick auf Google Maps einfach die Sperrung umfahren. Die Navigation durch die direkt angrenzenden Straßen war natürlich nicht möglich, stattdessen kam ich immer weiter weg von der Durchgangsstraße auf mit Schlaglöchern gesäten, landwirtschaftlichen Straßen mit einem kleinen italienischen Auto im Schlepptau.
Als ich eine Pinkelpause machte, fragte mich die Italienerin am Steuer, ob ich mich denn auskennen würde, ihr Tank war nämlich fast leer… ich erklärte ihr, dass es noch gut 1 km bist zur Staatsstraße wäre. Sie ließ mir den Vortritt und ich konnte mir dann auf diesem kurzen Teilstück natürlich keine Blöße geben: aber die Unebenheiten wurden immer schlimmer und eigentlich wäre ich umgedreht und die 15 km zurückgefahren. Aber beide Fahrzeuge kamen heil raus und ich suchte mir im Sonnuntergang in den Weinbergen, durch die ich fuhr, ein Plätzchen für die Nacht. Wunderschön!
Tag 68: Dienstag, 25. Februar 2020
Morgens weckten mich Geräusche in der Nähe des Autos: die Weinbauern waren gekommen und standen mit mehreren Fahrzeugen genau um den Bus. Ich dachte schon, dass ich jetzt Ärger bekomme. Aber die Fahrzeuge fuhren weiter und nur ein älterer Mann blieb und fing an, rund um den Bus die Weinstöcke anzubinden. Warum genau da, wo ich stand, wo tausende von Hektar rund um mich waren?
Beim Kaffeetrinken vorm Bus fragte ich den Mann, ob alles ok wäre. Natürlich war es das, antwortete er mir sehr freundlich (wohl eher neidisch, dass ich deutlich länger ausschlafen konnte als er).
Nachdem ich noch ein paar Sachen für die Arbeit erledigt und eine Telefonkonferenz geführt hatte, machte ich mich auf die Weiterfahrt nach Marsala. Aber schon in den Vororten dachte ich, in einem Bürgerkriegsgebiet zu sein: kaputte Fabriken und beschädigte Wohngebäude, wie nach Beschuss durch Granaten. Und in der Stadt sagte mein Bauchgefühl ganz klar “Nein!” zu den Parkplätzen am Rand der Altstadt. Also beschloss ich, die Stadt nicht näher unter die Lupe zu nehmen, sondern weiterzufahren.
Ich landete auf dem Weg nach Trapani an der Küste an ein paar Salinen und fand auch noch ein ganz brauchbares Restaurant für mein verspätetes Frühstück bzw. Mittagessen.
Nach den Eindrücken von Marsala wollte ich es in Trapani erst gar nicht probieren, sondern fuhr vorbei in Richtung Capo San Vito, also die nordwestliche Spitze von Sizilien. In Custonaci kaufte ich in einem Supermarkt ein und fragte dort nach einer öffentlichen Wasserstelle im Ort. Erstmal konnte mir keiner helfen. Als ich die Einkäufe im Bus verstaute, kam der Filialleiter zu mir und lotste mich in den Innenhof und dort durfte ich mich am Wasserhahn des Supermarktes bedienen – mille grazie! So funktioniert Kundenservice.
Dann fuhr ich weiter ans Kap zu meiner Verabredung: Ines und Jens hatte ich in Noto (hier der Tourbericht dazu) Anfang Januar kennengelernt. Mit Kommentaren unter meinen Tourberichten und per Mail waren wir in Kontakt geblieben. Sie hatten viel mehr auf der Insel erkundet als ich und waren in der Baia Santa Margherita gelandet, ein paar Kilometer vor San Vito Lo Capo, und schwärmten von der für sie schönsten Ecke der Insel. Die Wiedersehensfreude war dann auch groß und ich parkte den Bus direkt neben ihrem Anhänger. Außer uns standen ein paar Wohnmobile am Strand verteilt.
Ich unternahm noch eine schnelle Radtour – endlich mal wieder Bewegung.
Abends wurde gemeinsam mit Ines und Jens lecker gekocht.
Eigentlich sollte ja am Donnerstag dann Sabine für einen einwöchigen Besuch bei mir einfliegen. Allerdings hatte ihre Familie ihr wegen Corona-Virus so viel Stress gemacht, dass sie sich entschlossen hatte, zuhause zu bleiben – sehr schade! Hier auf der Insel merkt man übrigens, trotz einiger Erkrankter in Palermo und Catania, nichts von der Panik, die allerorten ausbricht (zumindest vermitteln es die Nachrichten so). Die Sizilianer leben ganz normal weiter. Und jeder, mit dem man sich unterhält, verflucht die Panik. Den Tourismus auf der Insel wird das wohl echt hart treffen.
Tag 69 bis 71: Mittwoch bis Freitag, 26. bis 28. Februar 2020
Ab sofort war Beachlife angesagt, auch wenn es zum Baden und am Strand liegen einfach viel zu kalt war, gerade wenn der Wind wehte.
Jeden Morgen zwischen 9 und 10 Uhr kam eine Bäckerin mit ihrem Kombi vorgefahren und versorgte die Freisteher mit frischen Backwaren.
Apropos Freisteher: Müll hinterlassen die Freisteher ja tatsächlich kaum, aber dafür hatte die Klappspaten-Fraktion doch tatsächlich direkt vor den Bunker geschissen (sorry!) und nur nen Stein drauf gelegt… Wer frei steht, sollte auch ein Klo an Bord haben (und es dann auch nutzen).
Ich unternahm noch zwei Touren mit dem Rad und versuchte möglichst viel zu arbeiten, was auch ganz gut gelang. So langsam hab ich meine geschäftliche To-Do-Liste, die ich während der Wintertour erledigen wollte, abgehakt.
Mit Ines und Jens verbrachte ich viel Zeit, vor allem mit Kochen und Essen sowie guten Gesprächen.
Ein paar andere Wohnmobile kamen auch noch zu uns, unter anderem Marisa und Sante aus Ravenna, die mir mittags einen Teller mit leckerer Pasta brachten, weil sie Mitleid mit mir hatten, da ich am Computer arbeitete. Sie warnten uns dann, dass der Wind laut Wetterbericht ordentlich zunehmen sollte. Wir bauten unsere Wagenburg ein bisschen um.
Am Freitagabend trafen wir die beiden dann zufällig in San Vito vor der Pizzeria, wo sie gerade ebenso wie wir drei einkehren wollten. Es wurde dann zu fünft ein unterhaltsamer Abend, wobei ich viel Übersetzungsarbeit hatte.
Tag 72 bis 75: Samstag bis Dienstag, 29. Februar bis 3. März 2020
Da der Wind jetzt richtig stark wurde und selbst die Wagenburg nicht mehr mehr wirklich schützte, verlegten wir unser Lager in den Hafen von San Vito Lo Capo. Jetzt in der absoluten Nebensaison kann man da stehen, noch fehlen die entsprechenden Verbotsschilder. Genauso wie hier jetzt zum März hin immer mehr Läden und Restaurants öffneten, werden diese Schilder zur Saison hin sicherlich aufgestellt werden.
Wir kehrten jeden Tag in das Café am Kirchplatz ein.
Zwischendurch packte ich die Angel aus und versuchte mein Glück.
Für Montag hatten Ines und Jens ihre Fähre gebucht, da sie am 10. März zurück in Süddeutschland für ein Peter Maffay-Konzert sein wollten. Am Montagmorgen erfuhren sie dann, dass das Konzert wegen einer Verletzung des Bassisten verlegt worden war. Also wollten auch sie ihre Fährfahrt verschieben und ich durfte telefonisch ihr Ticket umbuchen.
Trotzdem verabschiedeten sie sich dann am Montag aus San Vito Lo Capo und folgten meinem Tipp zu den heißen Quellen von Segesta (siehe vorherigher Bericht).
Das Wetter soll jetzt etwas schlechter werden und viel Regen kommen…
Wir ihr vielleicht an diesem Bericht merkt und auch an der Tatsache, dass ich jetzt schon wieder fast eine Woche am gleichen Ort bleibe, ist bei mir so langsam für Sizilien wirklich die Luft raus. Ich warte noch auf den Besuch von zwei Freunden aus der Schweiz, Anita und Rolf von womoblog.ch und werde mich dann auf den Rückweg machen. Auch nicht ganz freiweillig – geschäftliche Termine in Bayern rufen!
Trapani und Erice waren neben Taormina die hübschesten Ortschaften die wir auf Sizilien gesehen haben
Ich war gestern in Erice – ein herbe Enttäuschung. Mehr dazu dann demnächst im nächsten Bericht.
Aber die Geschmäcker sind halt verschieden. Taormina ist ja auch so touristisch. Ich mag lieber die kleinen, unbekannten Orte. Sperlinga wäre eindeutig meine Empfehlung. Ist aber nix Spektakuläres.