29. Dezember 2018 bis 1. Januar 2019
Tag 5: Samstag, 29. Dezember 2018
Die Nacht auf dem Campingplatz im Wald war ruhig und wir standen schon ganz früh auf, um vor dem Check-out noch eine Runde zu wandern. Wir marschierten zum Sonnenaufgang los und kamen aus dem Wald in die offene und flache Landschaft.
Entgegen seinem Namen ist der New Forest National Park zu großen Teilen unbewaldet. Das Forest leitet sich aus dem Französischen ab und stand früher für ein Jagdgebiet. Am Rand eines Golfplatzes (im Nationalpark!) drehten wir eine Runde und waren abgesehen von einigen schönen Kiefern in den Waldstücken und den freilaufenden Pferden nicht übermäßig begeistert.
Nach zwei Stunden kamen wir zurück auf den Campingplatz, wo wir im Bus noch duschten und danach auf die Ver- und Entsorgungsstation fuhren.
Der Platz sah im Internet vorher so schön aus, luftige Pits im Wald, so wie wir es von den amerikanischen Nationalparks kannten. In Realität stand man dann doch recht eng und es gab sehr viele Dauercamper mit unschönen Installationen. Das hatten wir in einem Nationalpark nicht erwartet.
Am Vorabend hatten wir noch Reiseführer, Google Maps, Wikipedia etc. studiert und waren zu dem Schluss gekommen, dass wir Cornwall auslassen würden und lieber weiter nach Wales fahren wollten. Also ging es los auf die Straßen, die Selena am Steuer so einige Nerven kosteten. Britische Straßen werden ihrem Ruf echt gerecht: sie sind gerade zwischen den Hecken sehr eng und der Gegenverkehr ist oft rasant unterwegs.
Wir machten noch einen Stopp an der Cheddar Gorge, die ich vor der Abreise auf Bildern von einem Radrennen entdeckt hatte. Wir kamen von oben in die tiefste Schlucht Englands. Die Felswände sind wirklich sehr beeindruckend. Am Ausgang aus der Schlucht in den Ort Cheddar war dann wieder alles voll mit Touritrubel samt Souvenirshops.
Also ab auf die Straße, und zwar endlich mal Autobahn, in Richtung Wales!
Vorbei an Bristol überquerten wir die Grenze, passierten auch die walisische Hauptstadt Cardiff und bogen ab ins Landesinnere zum Brecon Beacons National Park. Es war schon dunkel, so steuerten wir als Nachtplatz oberhalb von Abergavenny einen Wanderparkplatz mit Ausblick übers Tal an. Wir kochten uns indisches Essen und gingen früh ins Bett.
Tag 6: Sonntag, 30. Dezember 2018
Langsam wurde es zur Gewohnheit, früh aufzustehen, da wir möglichst viel vom Tageslicht haben wollten. Aber erst mal schauten wir uns um, wo wir da am Vorabend im Dunklen gelandet waren – ein toller Ausblick erwartete uns.
In unserem Lonely Planet war die Topempfehlung die kleine, meist einspurige Straße von Abergavenny nach Hay-on-Wye. Da wir noch so früh dran waren, hatten wir auf der Straße außer ein paar ausgebüchsten Schafen keinen anderen Verkehr, bis wir die “Passhöhe” auf gut 400 Höhenmetern erreichten. Unten war die Straße sehr eng zwischen Hecken, oben öffnete sich die Landschaft und die Straße verlief durch weite Wiesen.
Unten angekommen parkten wir in Hay-on-Wye und besichtigten das verträumte Dörfchen, das berühmt für seine Secondhand-Buchläden ist.
Wir schlenderten gemütlich durch die Gässchen und genossen die Ruhe. Um die Uhrzeit war noch alles geschlossen, außer dem kleinen Supermarkt.
Als nächstes Zeil peilten wir den Snowdonia National Park an. Wie wir schon an den vorherigen Nationalparks gemerkt hatten, sind in Großbritannien Nationalparks nicht so ganz das, was wir aus anderen Ländern gewohnt sind. Es sind keine reinen Schutzgebiete mit unbewirtschaftetem Land, sondern Landschaften, die weiterhin bewirtschaftet und bewohnt werden, wo aber der Tourismus aufgrund landschaftlicher Besonderheiten gefördert wird. Und übrigens liegt hier selbst in den Nationalparks so einiges an Müll am Straßenrand.
Uns gefielen in Snowdonia besonders die moosbewachsenen Eichen, deren knochige Form so unbelaubt jetzt im Winter ganz besonders zur Geltung kamen.
Der Parkplatz in der Nähe des Sees Llyn Llydaw, für den der Nationalpark neben dem höchsten Gipfel Snowdon bekannt ist, war aufgrund des Ferienwochenendes komplett voll, so dass wir uns mit ein paar Stopps an anderen Seen begnügten.
Auf der Weiterfahrt fällten wir die Entscheidung, dass wir in einem Rutsch bis nach Schottland durchbrausen würden, um endlich Ruhe und einfach tolle Landschaften zu finden. Die Nationalparks Lake District und Peak District wollten wir ganz bewusst auslassen, nachdem wir gelesen hatten, dass sie jedes Jahre zweistellige Millionenzahlen an Besuchern anlocken. Da wir uns in den Weihnachtsferien befanden, war gerade überall viel los, darauf hatten wir wenig Lust. Doch wofür ist man denn so schön mobil? Also einsteigen und weiter fahren.
Auf dem Weg nach Norden hatten wir wieder gut ausgebaute Autobahnen und kamen zurück nach England. Nachdem wir den Ballungsraum von Liverpool und Manchester hinter uns hatten, wurde auch der Verkehr weniger.
Im Dunklen erreichten wir Schottland und beschlossen, noch ein Stück weiter im Old Stables Inn Beattock zu Abend zu essen und auf dem Parkplatz des Pubs zu nächtigen. Wir waren auch nicht die einzigen Wohnmobile (hier gibt es mehr Infos zum Stellplatz).
Das Essen war klassisches Pub Food, sehr lecker, noch dazu auch preislich günstig. Selena hatte eine Art Rindergulasch mit Blätterteighaube und Kartoffelbrei und ich ganz klassische Fish & Chips.
Tag 7: Montag, 31. Dezember 2018
Am Morgen füllten wir am Pub unseren Wassertank und es ging weiter. Im einsetzenden Tageslicht sahen wir, dass sich die Landschaft (zumindest für unsere Begriffe) zum Schöneren gewandt hatte, wir näherten uns den Highlands.
Wir passierten Glasgow und Edinburgh (nach Großstadt war uns zu Silvester eher nicht) und stoppten in Stirling an einem großen Harrison’s Supermarkt, um günstig zu tanken und unsere Essensvorräte zu füllen. Der Laden war genial und die Auswahl riesig. Wir kauften frisches Obst und Gemüse sowie sogar gutes Brot. Mit einem deutlich größeren Einkauf als geplant ging es weiter.
Aber wir kamen nicht weit: am Wallace Monument stoppten wir, um dort erst mal auf dem Parkplatz zu frühstücken und dann einen Spaziergang hoch auf den Hügel zum Turm zu machen. Hier schlug William Wallace (der Held aus dem Film Braveheart, den ich mir laut Selena unbedingt anschauen muss) die englischen Truppen.
Auf der Weiterfahrt nach Norden machten wir uns so langsam auf die Suche nach einem ruhigen Nachtplatz in der Natur für den Jahreswechsel. An einem wunderschönen kleinen See, ein paar Meilen abseits der Durchgangsstraße, war mal wieder ein Schild mit “No overnight parking” – so freistehfreundlich, wie gemeinhin bekannt, ist Schottland nicht wirklich. Also ging die Suche weiter.
Wir kamen in den Cairngorms National Park und setzten die Suche fort.
Irgendwann wurden wir in der Nähe von Newtonmore fündig und nutzten die Landschaft für einen Spaziergang. Es war stürmisch, der Bus wackelte auch ordentlich, als wir wieder zurückkamen und unser Silvesterdinner kochten: Köfte, Bratkartoffeln und Grünkohl.
Danach war es Zeit für “Pop around the clock” auf 3sat.
Die Internetverbindung in den Bergen war zwar eher leidlich, reichte aber um das Rammstein-Konzert zu streamen. Und schon zwei Stunden vor Mitternacht schliefen wir im wackelnden Bus ein. Achja, Silvesterfeuerwerk oder anderen Lärm bekamen wir an unserer Location nicht mit.
Tag 8: Dienstag, 1. Januar 2019
Dank genügend Schlaf standen wir schon um halb sieben Uhr auf. Der Wind hatte etwas nachgelassen, als wir unser Nachtlager räumten.
Auf der Weiterfahrt in Richtung Norden legten wir in der Stadt Inverness einen Stopp ein und spazierten durch die verlassen wirkenden Straßen.
Die Einwohner schliefen zu Neujahr aus – es sei ihnen gegönnt. Und es war sehr sauber, keine zerbrochenen Flaschen und keine Spuren von Feuerwerk.
Am Dunrobin Castle machten wir unsere Frühstückspause und setzten fürs Abendessen einen Eintopf an.
Im Winter kann man das Schloss nicht besichtigen, aber die Außenanlagen waren offen. So spazierten wir rund ums Schloss in die gepflegten Gärten. Besonders die Lage direkt an der Küste gefiel uns sehr gut.
Nächster Stopp war das nordöstlichste Ende der britischen Insel bei John o’Groats. Wir parkten am Leuchtturm Duncansby und mussten feststellen, dass der Sturm noch ganz und gar nicht vorbei war. Selena hatte Angst, dass der Bus weggeweht werden könnte. Wir fällten noch vor dem Aussteigen die Entscheidung, dass wir bei diesem Wetter auf keinen Fall die Überfahrt auf die Orkney-Inseln wagen wollten (wenn die Fähre denn überhaupt schon wieder fahren würde – wegen Sturm war der Verkehr vor Silvester schon mal eingestellt worden).
Vom Leuchtturm marschierten wir zu den Stacks of Duncansby, zwei große Felsspitzen, die vor der steilen Küste aus dem Meer heraus ragen – sehr beeindruckend!
Eigentlich hätten wir am Leuchtturm übernachtet, aber es schaukelte einfach zu sehr. Deswegen fuhren wir ein paar Kilometer weiter bis in den Hafen von Castletown, wo wir etwas windgeschützter standen. Wir kochten uns schnell den Eintopf fertig (das schottische Rindfleisch war mittlerweile schön zart gegart) und wärmten uns damit wieder auf, bevor wir die Notebooks auspackten und bei recht schlechtem Internet versuchten, diesen Tourbericht fertig zu stellen.
Übrigens, auch hier in der Gegend am nördlichen Ende Schottlands haben die meisten Parkplätze ein nächtliches Parkverbot. Bisher wird Schottland seinem Ruf als Wild Camping-Paradies nicht gerecht. Zumindest gefällt es uns hier im Norden und auf der Fahrt der vergangenen zwei Tage schon besser als in England und Wales. So absolut begeistert sind wir aber noch nicht. Wir denken, dass sich das in den nächsten Tagen, wenn wir in die West Highlands kommen, ändern wird.
Ein universelles Danke für die vielen tollen Berichte und Eindrücke in den letzten Jahren! Steigern meine Vorfreude auf die Zeit nach den Kindern. Man sieht sich dann in 20 Jahren am Nordkap, oder so. 😉
Hallo Johannes,
ganz lieben Dank für Dein Feedback. Das freut uns sehr und wir werden uns auch in Zukunft bemühen, Euch tolle Berichte zu liefern!
Aber warum bis nach den Kindern warten? Ich war als Kind mit meinen Eltern sehr viel im T3 von Westfalia unterwegs und fand das so richtig cool.
Viele liebe Grüße aus Schottland,
Marc
Servus Marc, vielen Dank für deine Antwort. Wir haben einen ausreichend großen Camper, aber bei drei Kindern von Schulanfänger bis Baby ist es natürlich schwierig, Freiheitsgefühle aufkommen zu lassen, da der organisatorische Aufwand doch recht groß ist. Aber das ist schon ok so, alles hat seine Zeit. Meine Eltern hatten übrigens auch einen T3, selbst ausgebaut, in post-gelb (war wohl günstiger) und mit Aufstelldach. Waren schöne Zeiten.
Hallo aus dem Norden Deutschlands. Wir planen selber dieses Jahr eine Tour für 14 Tage mit unserem Kastenwagen nach Schottland. Wir wollen die Gegend dort mit Freunden (auch mit Kastenwagen) erkunden. Da wir begeisterte Geocacher sind, wird unsere Tour insbesondere durch unser Hobby geleitet. Wir lesen mal mit und versuchen Inspirationen aus eurer Tour zu gewinnen.
Liebe Grüße
Michael
Hallo Michael,
wir suchen hier auch hin und wieder nach Geocaches, aber wir übertreiben es nicht. Wir versuchen, Euch zu inspirieren. Aber wir können uns ganz ehrlich auch für Schottland bislang nicht so wirklich begeistern. Aber das ist sicherlich Geschmackssache. Im nächsten Bericht gibt es dann was von den bekanntesten Gegenden der Highlands zu lesen und zu sehen.
Viele liebe Grüße von der Isle of Skye,
Marc und Selena
Wir haben bis jetzt schon einiges über Schottland gelesen und auch schon einige Bilder gesehen. Die Landschaft scheint wirklich sehr schön dort zu sein. Einige Bilder erinnern an Norwegen, wo wir dieses Jahr unseren Urlaub verbracht haben. Wir verfolgen euch weiter.
Liebe Grüsse aus Oldenburg
Michael
Hallo Michael,
die Landschaft finden wir ganz nett, ist aber sicher Geschmackssache. Aber der Vergleich mit Skandinavien ist vielleicht teilweise nicht mal so verkehrt. Aber Norwegen hat wahrscheinlich um einiges Mehr zu bieten. Hier ist alles sehr ähnlich und uns fehlt im Moment die Abwechslung etwas. Aber mal schauen, vielleicht haut es uns ja morgen vom Hocker, wenn wir zu den viel gelobten Highlights in den Highlands fahren?
Viele liebe Grüße von der Isle of Skye,
Marc und Selena